Filmkritik

Non-Stop

| Oliver Stangl |
Die unglaubliche Reise in einem bedrohten Flugzeug

Nicht wenige waren in den letzten Jahren überrascht von Liam Neesons Wandlung vom sanftmütigen Charakterdarsteller (Schindler’s List) zum raubeinigen Actionhelden, der in Filmen wie Taken (2008) erbarmungslos mit den Entführern seiner Tochter aufräumt oder in Unknown (2011) dreisten Identitätsdieben zeigt, wo der Hammer hängt. Bisheriges Fazit: Dem Publikum gefällt’s, Neeson macht sich gut in der Rolle des Einzelgängers. Was den Figuren drehbuchbedingt an Tiefe fehlt, gleicht er durch Sympathie und Charisma aus.

Zudem wirkt der gebürtige Ire, Jahrgang 1952, gut zehn Jahre jünger, als er ist, und könnte, so er es will, noch ein  paar Jahre als Actionheld durchgehen. Auch in Non-Stop, nach Unknown die zweite Zusammenarbeit mit dem spanischen Regisseur Jaume Collet-Serra (ein dritter Film ist abgedreht), ist Neeson wieder als Einzelkämpfer unterwegs. Diesmal gibt er den Air Marshall Bill Marks, der nach familiären Problemen zum Alkoholiker wurde und das Fliegen eigentlich hasst. Kurz nach dem Start eines Linienflugs von New York nach London erhält der inkognito mitreisende Marks eine Nachricht per Smartphone: Ein Unbekannter droht damit, alle 20 Minuten einen Passagier zu töten, wenn nicht 150 Millionen Dollar auf ein Schweizer Konto überwiesen werden. Als wäre die Lage nicht schon schlimm genug, gerät Marks noch selbst unter Verdacht, schließlich lautet das Konto auf seinen Namen.

Non-Stop ist ein handwerklich solider Genrefilm, in dem Neeson Unterstützung von Julianne Moore erhält (auch sie macht die fehlende Charaktertiefe ihrer Figur durch ihr Talent wett). Der blaugrau ausgeleuchtete Raum ist begrenzt, jeder kann der Täter oder die Täterin sein, und bis zum Showdown werden immer wieder Twists, Actionszenen und Turbulenzen eingestreut. Gelegentlich gibt es sogar „Anflüge“ von Satire – etwa wenn es in Medienberichten heißt, ein gebürtiger Ire sei wohl ohnehin IRA-Terrorist, oder wenn Marks die aufgebrachte Passagiermeute mit dem Versprechen von Gratisflügen zu beruhigen sucht. Unvermeidliche Anspielungen auf 9/11 fehlen zwar nicht, doch glücklicherweise hält das Drehbuch den Hurra-Patriotismus außen vor.

So ist Non-Stop ein kurzweiliger Flug zweiter Klasse, der exakt liefert, was der Trailer verspricht: Liam Neeson kicks ass on a plane. Woran es aber hapert, ist die platte Motivation für die bösen Taten. Die hätte zwar nicht unbedingt plausibel ausfallen müssen – mit der Logik nimmt es der Film nicht so genau – aber ruhig ein wenig origineller sein dürfen.