Vom Kreuz mit dem Glauben erzählt ein kritisch-komplexer deutscher Film
Maria ist 14 und lebt in einer fundamental katholischen Familie irgendwo in Süddeutschland. Im Firmunterricht wird ihr beigebracht, „eine Soldatin Jesu Christi im Kampf gegen das Böse“ zu werden. Musik abseits von Bach-Chorälen steht für Professor Priester und Marias ultrakonservative Mutter unter dem Generalverdacht des Satanismus. Außerhalb der Religion darf das Kind sich nicht entfalten. So wird sie zur Außenseiterin.
So streng die Religion, um die es in Kreuzweg geht, so streng die Form, in der von ihr erzählt wird. Den Leidensweg Marias hat Regisseur Dietrich Brüggemann (Konzept und Drehbuch mit Schwester Anna Brüggemann) mit den 14 Stationen des Christus-Kreuzwegs zur Deckung gebracht. Um den radikalen Ausbruch einer „Heiligen“ aus ihrem irdischen Gefängnis zu erzählen, fand er szenische Entsprechungen in 14 weitgehend starren Tableaux und verzichtete auf Nebengeräusche. Aufgerieben zwischen der Liebe zu Christus, den Schikanen ihrer weltängstlichen, sie ständig maßregelnden Mutter und einer pubertären Verlockung entscheidet das Mädchen sich für den Himmel.
Die Analogie des Konzepts hinkt ein wenig. Im Unterschied zu Jesus trägt Maria das Kreuz schon, bevor ihr bewusst wird, dass sie es trägt. Der reflexionsfördernden Wirkung des Films tut das aber keinerlei Abbruch, und dessen Selbstbeschränkung ermöglicht dem Zuschauer eine große Freiheit: nach eigenem Gutdünken mit den Augen im Bild umherzuwandern. Das Erstaunliche an Kreuzweg ist, dass er seinen festgezurrten Rahmen mit Emotion zu füllen in der Lage ist. Das liegt zum Teil an den Schauspielern – Lea van Acken spielt die Leidende hingebungsvoll, Franziska Weisz schafft die schwierige Darstellung einer verhärteten, gefühlsgestörten Mutter diesseits der Karikatur. Zum anderen reüssiert Kreuzweg in seinem komplexen Versuch, den konsequent zu Ende gedachten Tilt eines Glaubensnavigationssystems (gemeint sind die nicht genannten Piusbrüder, die bis heute die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen) auf einen berührenden Einzelfall umzulegen, ohne dafür Pappmaché-Figuren einer Priesterbruderschaft ausstellen zu müssen. Natürlich verhält der Film sich kritisch zu religiösem Fundamentalismus, mit dem laut eigener Aussagen auch die Brüggemann-Geschwister und ihr Produzent als Kinder in Berührung gekommen waren. Doch jede Figur hier agiert nach bestem Gewissen, lächerlich wird keine gemacht. Am Ende zwingt allein das rigorose System zum Organversagen. Mariä Himmelfahrt ist der schwache Trost.