Entschiedene Absage an klischeehafte (schwarze) Männerbilder. Endlich!
Little, Chiron und Black. So die drei Namen, die die Hauptfigur in drei Phasen ihres Lebens trägt und die den drei Kapiteln des Films ihre Titel geben. Little wird der schwarze Junge genannt, der zu Zeiten der Crack-Epidemie in Liberty City, Miami, aufwächst und von seinen Mitschülern gehänselt wird, weil er schmächtig ist und schüchtern und möglicherweise schwul. Chiron heißt der in sich gekehrte Teenager, dem ein Moment des Glücks vergönnt ist, bevor ihn die Verhältnisse erneut in die Mangel nehmen. Black ist der Gang-Name des erwachsenen Mannes, der sich eingerichtet hat in einer kriminellen Existenz – und vielleicht doch noch einen Ausweg findet.
Moonlight von Barry Jenkins kennt die Klischees: die crack-abhängige, alleinerziehende Mutter; den irgendwie väterlichen Dealer; die patente schwarze Lady mit dem großen Herzen; den guten Jungen, der verloren zu gehen droht; die drangsalierenden Mitschüler und den großmäuligen Anführer; den guten Freund; das Getto und den Knast. Sie tauchen alle auf, diese stereotypen Figuren und Gegebenheiten, die vorgeben, afroamerikanisches Leben zu erfassen. Doch sind sie hier gewendet auf eine Weise, die Stereotyp und Klischee entlarvt, die den Blick befreit und hinlenkt auf etwas, das dahinter liegt und das der Mensch in seinen Umständen ist. Moonlight erzählt von der stur zerstörerischen Mechanik des Gettos nicht sensationalistisch in Form von Gang-Auseinandersetzungen, sondern konzentriert auf das Motiv der Zurichtung zu einer gewalt-geprägten Männlichkeit, dem letztlich eine Absage erteilt und das überwunden wird. Unzählige Auszeichnungen hat Moonlight seit seiner Premiere im September 2016 eingesammelt. Was diese Begeisterung auslöst, ist sofort zu sehen, aber schwer zu beschreiben. Weil es genau an der Grenze liegt zwischen Sprachlosigkeit und Artikulation.
Dramaturgisch arbeitet Jenkins überwiegend mit Szenen, in denen zwei Menschen miteinander agieren. Sie tun dies nicht wortreich, doch ihre Worte haben Gewicht, ebenso wie die Pausen, die nicht lediglich Schweigen sind, sondern Resonanzräume für Gefühl und Gedanke. So handeln diese Interaktionen immer auch von der Schwierigkeit, sich aufrichtig mitzuteilen und Kontakt herzustellen über einen mit Angst und Verunsicherung gefüllten Abgrund hinweg. Zentral für das Gelingen dieser Gratwanderung ist die Besetzung, und Alex Hibbert als Little, Ashton Sanders als Chiron und Trevante Rhodes als Black erweichen Steine.