Von den Schrecken des Ersten Weltkriegs zu Abenteuern am Amazonas: „The Lost City of Z“ erzählt die Geschichte des britischen Zivilisationsforschers Percy Fawcett. Regisseur James Gray im Gespräch über konfliktbeladene Helden, harte Dreharbeiten, Donald Trump und den Unsinn von Testvorführungen.
25 Jahre war James Gray alt, als 1994 sein Regiedebüt Little Odessa im Wettbewerb von Venedig lief und den „Silbernen Löwen“ gewann. Gerade mal fünf Filme hat Gray seitdem gedreht. Nicht viel, möchte man meinen, und doch hat der Regisseur in Europa, in Frankreich vor allem, viele Anhänger, die ihn geradezu kultisch verehren. Sogar ein aufwändig gemachtes, schön illustriertes Buch (Jordan Mintzer, James Gray, Paris 2011, fr./engl., 240 S.) ist über ihn erschienen. James Gray – einer der bedeutenden Filmemacher seiner Generation, irgendwo angesiedelt zwischen Independent Cinema und Hollywood. Ein Maverick, der amerikanischen Professionalismus mit europäischer Auteur-Haltung verbindet, der sich auf Action ebenso versteht wie auf intime Dramen. Fans gilt sein erster Film Little Odessa immer noch als sein bester. Die Geschichte eines Auftragkillers, der – vor Jahren vom Vater verstoßen – in sein Heimatviertel zurückkehrt und von seinem Bruder erfahren muss, das seine krebskranke Mutter bald sterben wird, hat auch nach erneutem Wiedersehen 2016 bei einer Gray-Retrospektive in Hamburg nichts von seiner grimmigen Wucht und stimmigen Atmosphäre verloren.
Gray selbst schätzt The Immigrant (2013) am meisten. Es sei sein persönlichster Film, weil die Geschichte – eine Polin wandert in den 1920er Jahren in die USA aus und gerät an einen Zuhälter – auf Erfahrungen von Vorfahren, russisch-jüdischen Einwanderern, beruhe. Zwischendurch dreht Gray mit The Yards (2000) einen düster-beklemmenden Gangsterfilm um einen entlassenen Häftling, der wieder in die kriminellen Machenschaften seiner Familie gezogen wird. In We Own the Night (2007) spielt Joaquin Phoenix, Grays bevorzugter Schauspieler, den Besitzer eines Nachtclubs. Dieser ignoriert die kriminellen Aktivitäten seines russischen Chefs und stellt sich damit gegen seinen Vater und seinen Bruder, beides Polizisten. In Two Lovers (2008) geht es um einen depressiven jungen Mann (wieder Joaquin Phoenix), der nach einem Selbstmordversuch ins Elternhaus zurückkehrt und sich in seine schöne, aber komplizierte Nachbarin verliebt. Melancholisch, düster und doch wundervoll beobachtet, besonders wegen der Locations in Brighton Beach. Bis Little Odessa ist es gar nicht weit.
In seinem neuen Film erzählt James Gray die wahre Geschichte des britischen Soldaten Percy Fawcett, dem es nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs zu neuen Ufern treibt. Wegen seiner einfachen Herkunft ist ihm eine Karriere beim Militär verwehrt, stattdessen schickt ihn die Royal Geographic Society nach Bolivien, um dort das Land zu vermessen. Die erste Expedition scheitert durch die Feigheit und Unzuverlässigkeit eines Wissenschafters. Doch Fawcett ist fasziniert vom Dschungel. Und so startet er zu einer zweiten Expedition, ungeachtet der Tatsache, dass er sich durch die jahrelange Abwesenheit von seiner Frau entfremdet und die zwischenzeitlich geborenen Kinder vernachlässigt. Im Dschungel des Amazonas findet er Hinweise auf uralte Zivilisationen. Hier könnte es eine Metropole, die versunkene Stadt Z, gegeben haben. Fawcett lässt diese Idee nicht mehr los. Jahre später begibt er sich mit seinem inzwischen erwachsenen Sohn auf eine letzte Reise, die sich als verhängnisvoll herausstellen wird.
Herzogs Aguirre, der Zorn Gottes und Fitzcarraldo kommen einem gleich in den Sinn, natürlich auch Coppolas Apocalypse Now – Geschichten von getriebenen Männern, die im Urwald einen Ersatz für bürgerliche Lebensentwürfe suchen. Grays Film beruht auf dem Sachbuch von David Grann, in dem es auch um die britische Gesellschaft im Umbruch, um wissenschaftlichen Fortschritt, um das Ende einer Ära geht. Dramaturgisch gerät der Film ein wenig in Zeitnot. Große Ellipsen und Zeitsprünge – immerhin spannt der 140 Minuten lange Film einen Bogen von 30 Jahren – lassen den Zuschauer mitunter im Unklaren über Konsequenzen und Ergebnisse von Handlungen, vieles muss man selbst erschließen und verknüpfen. Doch The Lost City of Z ist visuell beeindruckend inszeniert. Die Strapazen und Gefahren des Urwalds – Hitze, Feuchtigkeit, Hunger, Durst, Insekten, Krokodile, Ureinwohner – teilen sich dem Zuschauer unmittelbar mit. Und der Brite Charlie Hunnam überzeugt als Anti-Held, der immer wieder mit seinem Scheitern konfrontiert wird.
Im persönlichen Gespräch verweigert Gray einer Erkältung wegen den Handschlag, ist aber liebenswürdig, eloquent und auskunftsfreudig. Das abrupte Ende des im Zuge seines Berlinale-Aufenthalts angesetzten Gesprächs – ein geschäftiger Agent drängt zur Eile – bedauert er nicht weniger als der Interviewer.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich 1994 bei den Filmfestspielen von Venedig Ihr Filmdebüt „Little Odessa“ gesehen habe. Seitdem sind 22 Jahre vergangen, in denen Sie nur fünf Filme gedreht haben. Brauchen Sie so lange, um Ihre Projekte zu entwickeln?
Filme zu machen ist sehr schwer. Ich habe noch nie einen Film gemacht, den ich nicht machen wollte. Der Grund, warum es nur so wenige sind: Wenn Sie mit fünf Freunden zu Abend essen gehen wollen und ein Restaurant auswählen – der eine sagt, er möchte japanisch, der andere italienisch essen gehen, der dritte will bloß einen Hamburger. Man muss sich also entscheiden. Stellen Sie sich einmal vor, Sie trommeln 150 Leute für einen Film zusammen, arbeiten gemeinsam mit Ihnen zwei Jahre und geben dabei Millionen von Dollars aus – das ist sehr schwer zu bewerkstelligen. Wenn ich einen unglaublich reichen Mann kennen würde, der mir all das Geld für einen Film gäbe … Es gibt einige Regisseure in dieser glücklichen Lage, Wes Anderson zum Beispiel. Er verdient, dass er alle Filme machen kann, die er machen möchte. Ich liebe Wes. Er hat da jemanden an der Angel von einer großen Company: „Du willst einen Film machen, Wes? Hier ist das Geld“, und Wes belohnt ihn für sein Vertrauen. In dieser Position bin ich leider nicht.
Würden Sie zustimmen, dass die Charaktere Ihrer Filme alle etwas gemeinsam haben, nämlich diesen Kampf ums Überleben, diesen Kampf mit sich selbst?
Ja, das kann man so sagen. Ich möchte aber hinzufügen, dass ich eine Regel für Dramen aufgestellt habe. Die Idee hinter einem guten Drama ist nicht, dass ich ein besonderes Problem etabliere. Nach dem Motto: „Dieser Typ hat meine Frau verletzt, jetzt schnappe ich ihn mir.“ Das Drama geht so: „Der Typ hat meine Frau verletzt. Wenn ich aber jetzt meine Frau rette, ist mein Kind in Gefahr.“ Es geht also um einen Widerspruch, etwas, das mich tief in meinem Innern aufrührt und nicht in Ruhe lässt. Wie bei Shakespeare: „To be or not to be.“ Hamlet sagt ja nicht „To be-eee“ (hebt die Stimme) und verschwindet dann. Nein: „To be or not to be“ – die berühmteste Zeile der ganzen Theatergeschichte. Für mich sind Charaktere erst dann interessant, wenn sie mit sich selbst im Krieg sind. Verstehen Sie, was ich meine? Wenn sie sich im Film so fühlen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Übrigens ist das eine sehr unkommerzielle Idee, gegen den Mainstream. Die Zuschauer mögen keine Menschen im Krieg mit sich selbst. Und auch wenn sie das Gegenteil behaupten, fühlen sie sich doch sehr unwohl mit dieser Idee. Der Charakter kämpft – eine sehr unpopuläre Sache. Aber auf lange Sicht betrachtet, ist es das, worum es im Leben geht. Nehmen Sie nur einmal Vertigo, der bei seinem Start nicht sehr geschätzt wurde, nun aber als einer der besten Filme aller Zeiten gilt. Die Kritiker mochten ihn nicht, das Publikum auch nicht. „Seht Euch James Stewart an. Er ist so unfähig, er ist voller Konflikte.“ Und trotzdem ist er ein großer Charakter.
Sie sind Autor, Regisseur und einer der Produzenten des Films. Bedeutet das, dass Sie die größtmögliche Kontrolle über den Film behalten wollen?
Ich glaube stark an Zusammenarbeit bei Dreharbeiten. Man stellt einen Kostümdesigner an, einen Kameramann, einen Ausstatter. Die sind in ihrem Job alle besser als ich. Und als Regisseur ist es meine Aufgabe, ihre exzellenten Ideen zu absorbieren und die Sicht zu vergrößern auf das, was ich im Kopf hatte. Man muss allerdings auch aufpassen, dass das, was sie vorschlagen, nicht den Weg verstellt. Ich fungiere also als Filter – das ist es, was diesen Job so hart macht. Aber wenn der Film fertig ist, verderben zu viele Köche den Brei, und das kann ich nicht erlauben. Wenn es bei Testvorführungen mal zur Ablehnung, mal zur Zustimmung kommt, wird es beliebig. Tests sind fürchterlich. Man kann sich nicht auf das Publikum zubewegen – man muss das Publikum zu sich holen. Sonst gerät man in Schwierigkeiten. Das Publikum mag diese Szene, jene aber nicht. Sich danach zu richten, ist ein großer Fehler. Denn das Publikum mag vielleicht einen Moment nicht. Aber das ist der Grund, warum es den anderen Moment mag, ohne es zu wissen. Die aktuellen Filme funktionieren nicht mehr, weil die Bosse glauben, dass nur eine Ansammlung von guten Momenten dem Publikum gefällt. Aber niemand erinnert sich mehr an sie. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist, aber in Amerika kommt ein Film heraus, macht 200 Millionen Dollar und ein Jahr später ist er nicht einmal für ein Zitat gut. Niemand erinnert sich fünf Wochen später an eine bestimmte Szene. Darum haben Filme heute ihre zentrale Rolle in der Kultur verloren.
Was hat Ihr Interesse an der Figur von Percy Fawcett geweckt?
Jemand von Plan B, Brad Pitts Produktionsfirma, hat mir das Buch von David Grann geschickt, und zwar als Druckfahne, noch bevor es auf den Markt kam. Ich las es, und mein erster Gedanke war: „Das ist unglaublich schwierig.“ Es erstreckt sich über einen Zeitraum von fast 30 Jahren, es müsste in Großbritannien, aber auch im Dschungel gedreht werden. Es müsste eine längere Kriegssequenz geben, weil ich wusste, dass diese Schlacht an der Somme für Fawcetts späteres Leben sehr prägend war. Ich würde nie in der Lage sein, das alles hinzukriegen. Aber der Hauptcharakter hat Konflikte und keinen Erfolg – I like it. I have to try and do it. Jeder sagte mir, ich schaffe es nicht, also musste ich es versuchen. Je mehr die Leute „Nein“ zu mir sagten, umso mehr wollte ich es versuchen. Das ist ein kleines bisschen Verrücktheit von meiner Seite.
Was waren dann die Herausforderungen, aus der Vorlage ein Drehbuch zu machen?
(Überlegt lange.) Nun – ich hatte bislang immer Originaldrehbücher geschrieben und noch nie eine Vorlage adaptiert. Das war für mich eine neue Erfahrung. Zuerst war da zuviel an erzählter Geschichte im Buch. Es geht dort immerhin um sein ganzes Leben. Man hätte schon allein aus Fawcetts Ehe einen ganzen Film machen können – wie er seine Frau kennen lernt, über die Bedingungen in jener Zeit, das lange Getrenntsein. Manchmal fühlte ich mich wie in einem Roman von Thomas Hardy, nein, ich meine Thackeray, so reich, so ausufernd. Es war ein ganz eigenes Ding. Dann geht er in den Dschungel, dann gibt es diese ganze Kriegs-Sequenz. Das fühlte sich gewaltig an. Wie soll der Film aussehen? Wie erzähle ich die Geschichte in zwei oder drei Stunden? Das wurde sehr schwierig. Aber genau deshalb wollte ich es versuchen.
Für mich ist Percy Facett eine sehr eigensinnige Figur, aber auch sehr klug und weitsichtig, sehr getrieben durch seine Visionen. Wie würden Sie ihn beschreiben?
Was ich am meisten an ihm liebe, ist, dass er wie alle Menschen ist. Er ist sehr konfliktbeladen. Es ist Größe in ihm, aber auch Kleingeistigkeit. Er ist fortschrittlich, aber auch rassistisch. Er ist ein liebender Familienvater. Und trotzdem ist er auch ganz schrecklich zu seiner Familie. Er unterstützt die Unabhängigkeit seiner Frau. Und doch versteht er sie in einem wichtigen Moment des Films nicht. Ich hatte das Gefühl, dass wir alle so sind. Wir versuchen unser Bestes und scheitern dabei. Doch die Frage ist nicht, ob wir scheitern, die Frage ist die nach dem Motiv. Träumen wir davon, Gutes zu tun und versagen dabei? Oder träumen wir davon, die Welt zu vernichten und haben dabei Erfolg? Mir sind Menschen lieber, die von schönen Dingen träumen, sie vielleicht aber nicht erreichen. Fawcett ist für mich ein Mann der Gegensätze. Und ein Mann des persönlichen, inneren Kampfes. Das hat mich bewegt.
In Ihrem Film geht es am Rande auch um die Veränderungen der britischen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Ich habe mir das so gedacht: Wenn wir einen Film machen, in dem ein weißer Mann in einen exotischen Dschungel reist, müsste dies auch ein Film über kulturelle Schuld sein. Es soll hier nicht die Tapferkeit und das Können eines weißen Mannes gefeiert werden. Das Ende des Viktorianischen Zeitalters und das Ende des britischen Empire mit dem gleichzeitigen Aufstieg der Vereinigten Staaten – das ist schon eine sehr interessante Periode. Unbewusst beschäftigten sich die Engländer mit ihrem nationalen Niedergang, verbunden mit rigiden Klassen-Struktur. Die Geschichte schien genau richtig, um all das zu erkunden. Gleichzeitig ist es auch eine große Metapher für Heute. Denn: Wenn wir über weiße Männer im Dschungel reden, gibt es diesen Rassismus von weißen Europäern und Amerikaner ja immer noch. Das Problem ist immer noch nicht gelöst. Ich fühlte also, dass der Film eine große Relevanz hat – auch wenn die Geschehnisse schon hundert Jahre zurück liegen. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen seitdem sehr verändert haben. Ich hoffe, ich liege falsch, aber schauen Sie nur einmal, wo die Vereinigten Staaten sich jetzt befinden. Lassen Sie mich das umformulieren: Ich schäme mich dafür, wo die Politik gelandet ist, denn Trump hat nicht die Mehrheit aller Stimmen gewonnen. Ich schäme mich, wo er steht und wie er uns aussehen lässt. Ich glaube also, dass der Film – auch wenn er schon ein Jahr alt ist und wir von Trump noch nichts wissen konnten – auf eigenartige Weise eine Relevanz hat, schon durch die Attitüde der Menschen.
Ich kann mir vorstellen, dass der Dreh des Films sehr anstrengend gewesen sein muss, besonders die Dschungelszenen.
(Stöhnt.) Oh ja – aber der englische Teil war auch nicht leicht. Der erste Teil, die ersten sechs Wochen … (Unterbricht sich.) Wir hatten drei Monate Pre-Production in Großbritannien, dann sechs Wochen Dreh. Das müsste reichen, dachte ich, da sollte es kein Problem geben. Und doch wurde es sehr hart. Wir beendeten diesen Teil mit der Schlachtszene in Nordirland. Und das war wirklich schrecklich, denn der Schlamm ging einem bis zum Knie. Wir mussten aber diese Gräben ausheben – really tough. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr werden. Und dann ging es ab in den Dschungel. Man hat davon gehört: 40 Grad, mit hundertprozentiger Luftfeuchtigkeit – okay. Aber wenn man dann wirklich da ist, dort zwölf Stunden am Tag arbeitet, auf dem Fluss unterwegs ist, dann die Insekten und Schlangen im Dschungel, Krokodile. Um halb drei am Nachmittag war das Licht schon weg, weil der Dschungel einfach die Sonne verschluckte. Ich hielt mich für clever und glaubte, dass wir das in einer sehr kompakten Weise hinkriegen würden. Werner Herzog und Francis Ford Coppola hatten bei ihren Dschungelfilmen bestimmt ganz viel falsch gemacht. Ich glaubte, besser geplant zu haben als sie. Aber sehr bald ergreift der Dschungel von einem Besitz. Man muss die Umgebung so gut es geht nutzen und selbst funktionieren. Das Problem mit dem Dschungel: Es ist ein sehr zurückgezogener Ort. Nach dem Dreh kann man abends oder am Wochenende nirgendwo hingehen, um sich auszuruhen. Man ist immer mittendrin. Nach drei oder vier Wochen wird jeder ein bisschen verrückt. Man regt sich schneller auf. In diesem Sinn war es natürlich gut für die Schauspieler, denn so fanden sie besser in ihre Rollen. Man sieht es sogar ihren Gesichtern an. Jeder litt, und nach zwei Monaten wollte jeder nach Hause. Es war schon verrückt. Ein Blitz schlug dreißig Meter von uns in einen Baum – wann erlebt man so was schon einmal? Einmal blicke ich plötzlich in die Augen eines Krokodils. Andere wurden von Schlangen gebissen. Aber es war okay. Es ging nur um diesen Film, um wenige Wochen. Als ich zuhause den fertigen Film meinem Regieassistenten zeigte, sagte er: „Ich bin so stolz auf den Film. Aber ich bin froh, ihn nicht noch einmal machen zu müssen.“
Sie erwähnten gerade Herzog und Coppola. Sind sie von Filmen wie „Fitzcarraldo“, „Aguirre, der Zorn Gottes“ oder „Apocalypse Now“ beeinflusst worden?
Ganz bestimmt – da bin ich sicher. Ich versuche natürlich nicht, sie abzukupfern. Es sind Filme, die ich liebe, und Künstler, die ich verehre. Für mich sind sie Götter. Es ist allerdings unmöglich, den Amazonas raufzufahren und nicht von Aguirre beeinflusst zu sein. Apocalypse Now ist da schon anders, weil es um Vietnam geht und in den Philippinen gedreht wurde …
Aber er beruht auf Joseph Conrads „Herz der Finsternis“, der ein ähnliches Thema wie Ihr Film berührt.
Ja, das stimmt. Am Ende gibt es eine Obsession und Verrücktheit, die zu beiden Filmen zu passen scheinen. Meine Geschichte ist aber anders, weil Fawcett ja zurückkommt, wie von einem anderen Planeten. Er kommt mehrmals nach England zurück, nachdem er im Dschungel war. Er fliegt zum Mond und kommt zurück, er fliegt wieder zum Mond und kommt zurück. Das gibt der Geschichte eine andere Struktur.
Sagen Sie doch bitte noch ein Wort zur Musik. Ich erinnere mich an Ravels „Daphne und Chloe“, Stravinskys „Sacre du printemps“ …
(Unterbricht.) Ja, das stimmt. Und von Debussy ist noch „La Mer“ drin. „Daphne und Chloe“ ging mir wieder und immer wieder durch den Kopf. Wir haben aber auch noch Musik von den Eingeborenen eingespielt und aufgenommen. Musik ist alles. Mir gefällt dieser Widerspruch zwischen West-Europa und Südamerika. Ich versuchte, eine vergangene Zeit wiederzubeleben, einen vergangenen Ruhm, der so ja nicht stimmt. Ich nehme also diesen Ruhm und unterwandere ihn. Darum ging es mir mit der Musik.