Fades Biopic, das eigentlich noch nicht einmal gut erfunden ist.
1943 spielt der legendäre Gitarrist Django Reinhardt im berühmten Pariser Hot Club vor einem Publikum, das sich aus recht gegensätzlichen Gruppen zusammensetzt: Auf der einen Seite jubelnde Jazz-Fans, die sich von Reinhardts rasanten Rhythmen rasch und gerne außer Rand und Band bringen lassen; auf der anderen Seite Angehörige der nationalsozialistischen Besatzungsmacht, die ob der „entarteten Affenmusik“ zwar pflichtschuldigst die Stirnen runzeln, das Wippen mit den Füßen aber doch nicht unterlassen können und die sich sozusagen heimlich ein wenig gehen lassen. Schließlich ist auch morgen noch ein Tag, an dem der aufrechte Nazi Zigeuner in Konzentrationslager verschleppen kann.
Django Reinhardt, der als der Erfinder des sogenannten Gypsy Swing aka Jazz manouche gilt, ein in Belgien geborener Manouche, d. i. französischsprachiger Sinti, lässt sich nichts anmerken. Was geht ihn der Krieg der „Gadjés“ an?! Er ist Musiker, Künstler, er hat mit Politik nichts am Hut und ihm wird schon nichts passieren. Selbst die mit Nachdruck ausgesprochene Einladung auf eine Deutschlandtournee zieht er in Betracht, ignoriert Freunde und Bekannte, die warnen, von dort würde er nicht mehr zurückkehren, würde vielmehr in einem Lager ermordet werden, wie so viele Sinti und Roma vor ihm. Django will das nicht hören, und Reda Kateb, der ihn spielt in diesem hochspekulativen Musiker-Biopic, das seinen Namen trägt, macht das dazu passende Gesicht: eine gelungene Mischung aus Coolness, Abwehr und Verdrängung, in die sich mit der Zeit der Zweifel, das Grübeln und die schreckliche Erkenntnis schleichen.
Étienne Comar – 2010 mit dem Drehbuch zu Xavier Beauvois‘ in Cannes mit dem Grand Prix ausgezeichneten Des hommes et des dieux aufgefallen – siedelt sein Spielfilmdebüt gleichfalls in jener Grauzone zwischen Nicht-Einmischen-Wollen und individueller Bedenkenträgerei, professionellem Ethos und sozialer Verantwortung an, in der der Mensch den härtesten Bewährungsproben unterzogen wird. Zugange ist Comar dort allerdings sodann mit inszenatorischen wie dramaturgischen Mitteln konventionellster Machart und manövriert Klischeefiguren durch kolportagehafte Wendungen. Dem spannungsreichen Konfliktfeld wird er damit in keiner Weise gerecht, erzeugt dafür aber gähnende Langeweile. Die in beträchtlichen Ärger mündet, wenn zum Schluss und Abspann die Fotografien ermordeter Sinti und Roma als Authentizitätsgaranten herhalten müssen und den Abgebildeten solcherart ein weiteres Mal Gewalt angetan wird.