Routinierte Tragikomödie nach Art des Hauses
Wer Woody Allen bucht, weiß, was er bekommt: entweder leichtfüßige (und zuletzt leider auch leichtgewichtige) Dialogkomödien vor fotogenen Stadtlandschaften oder, seltener, betont ernsthafte Dramen, die à la Ingmar Bergman um psychologische Tiefe ringen. Ab und zu gelingen Allen aber auch Symbiosen aus diesen Formen. Dann entstehen in der Tat bemerkenswerte Tragikomödien wie Crimes and Misdemeanors oder, aus jüngerer Zeit, Irrational Man, Filme, hinter deren glatt polierter Amüsier-Oberfläche Katastrophen lauern, die den Geschichten und ihren Protagonisten unberechenbare Abgründigkeit verleihen. Wonder Wheel, Allens 46. Film, hätte das Zeug zu einem solchen kleinen Meisterwerk gehabt.
Zumindest optisch macht der Film einiges her. Wir befinden uns, wie eine tolle Trick-Totale uns gleich zu Beginn wissen lässt, im New Yorker Vergnügungspark Coney Island, und zwar in jener Zeit, als deren Attraktionen (darunter das titelgebende Riesenrad) noch in voller Blüte standen, also in den fünfziger Jahren. Dort arbeitet die Ex-Schauspielerin Ginny in einer Imbiss-Bude, während ihr zweiter Mann ein Karussell betreibt. Die Ehe gerät ins Wanken, als sich die Frau in einen attraktiven Rettungsschwimmer verliebt. Zusätzlich kompliziert wird die Situation durch das Auftauchen von Ginnys verschollen geglaubter erwachsener Tochter, hinter der eine Gruppe skrupelloser Gangster her ist.
Was zunächst aussieht wie eine nostalgische Dreiecks-Tragikomödie, verdichtet sich allmählich zu einer Studie über enttäuschte Hoffnungen, verfehlte Lebensentwürfe und katastrophale Fehlentscheidungen. Allen erzählt das in jenem schwerelos abschnurrenden Boulevardtheater-Stil, der sein Markenzeichen geworden ist. Ein gut gelaunter Erzähler hilft aus dem Off über arg konstruierte Plot-Wendungen hinweg, Star-Kameramann Vittorio Storaro taucht alles in überscharf gestanzte, zuckerlbunte Bilder, und die Darstellerinnen und Darsteller schrammen im Bemühen um typengerechte Charakterisierung oft nur knapp an karikierender Überzeichnung vorbei. Dies gilt, Ehre, wem Ehre gebührt, nicht für Kate Winslet, der als verzweifelt alternder Ginny eine der eindringlichsten Charakterisierungen ihrer Laufbahn gelingt.
Dennoch schöpft der Film sein Potenzial nicht aus. Vieles bleibt schematisch flach, die Handlung nimmt erst in der zweiten Hälfte Fahrt auf, und wenn auch Allens kommerzieller Mut zu einem wirklich niederschmetternden „downbeat-ending“ zu rühmen ist, so ist dies letztlich nicht mehr geworden als eine gut gemachte Routinearbeit nach Art des Hauses.