ray Filmmagazin » Filmfestivals » „Clouds of Sils Maria“ von Olivier Assayas

Viennale Blog 6

„Clouds of Sils Maria“ von Olivier Assayas

| Anja-Lene Melchert |

Wer hofft, zwei Stunden lang ausschließlich Kristen Stewarts einen Twilight-Gesichtsausdruck zu sehen, wird von Clouds of Sils Maria bereits in den ersten Minuten vollkommen überrascht.

Valentina (Kristen Stewart) ist die dauerbeschäftigte persönliche Assistentin der erfolgreichen, aber schon etwas in die Jahre gekommenen Schauspielerin Maria. Die hatte ihren Durchbruch mit dem Theaterstück „Maloja Snake“  (das später zu einem Film wurde) in dem sie die junge Sigrid spielt, die ihre Chefin Helena verführt und schlussendlich in den Selbstmord treibt. Die beiden (Valentina und Maria) sind auf dem Weg nach Zürich, um dem Autor ebenjenes Stücks einen Preis zu überbringen, als sie von seinem Tod erfahren. Dadurch verändert sich der gesamte Plan des Aufenthalts. Maria muss Henryk Wald, den brutalen Schauspieler, den sie auf Grund von unerwiderter Liebe nicht ausstehen kann, wiedersehen, ein Chanel-Kleid tragen (welches sie anscheinend hasst) und sich zum wiederholten Mal den Vorschlag, in einer Neuverfilmung des Stücks ihrer Jugend Helena zu spielen, anhören. Obwohl sie eigentlich immer strikt dagegen war, stimmt sie auf Drängen von Valentina schließlich doch zu. Um sich besser in ihre Rolle hineinversetzen zu können, fährt Maria (mit Valentina im Schlepptau) in die Berge, nach Sils Maria, um dort in der Abgeschiedenheit ihren Filmcharakter vorzubereiten. Für Maria hat das Textlernen teils therapeutische Züge, sie reflektiert dabei über ihr gesamtes Leben. Mit der Zeit bemerkt man, dass die Beziehung zwischen Valentina und Maria immer mehr der von Sigrid und Helena gleicht, was ultimativ darin gipfelt, dass Valentina bei einer Wanderung genau wie Sigrid handelt. Auch zwischen Jo-Ann und Maria kann man im Laufe der Geschichte immer mehr denselben Bezug wie zwischen den Romanfiguren ausmachen. Leider bleiben im Laufe der Geschichte recht viele Fragen ungeklärt und Erzählstränge unvollendet: was passiert zum Beispiel mit Henryk Wald, dem Schauspieler, den Maria hasst und doch insgeheim liebt, oder mit Berndt, dem Vielleicht-Freund von Valentina oder auch mit Valentina selbst, obwohl sie so eine wichtige Rolle in dem Film spielt?

Doch trotz gelegentlicher Unklarheiten und trotz der offenen Enden ist der Film – obwohl er über zwei Stunden dauert – nie langweilig und bietet auch nach den Credits noch viel Gesprächsstoff.

„Clouds of Sils Maria“ ist der diesjährige erste Frühstücksfilm der Viennale: 28. Oktober, 6.30 Uhr, Gartenbaukino, im englischen Original.