Christian Bale und Casey Affleck präsentierten ihre neuen Filme.
„Dick Cheney verstand die Macht der Stille – etwas, dessen man Trump nicht anklagen kann.“ Christian Bale war nach Berlin gekommen, um seinen neuen Film Vice, inszeniert von Adam McKay, außerhalb des Wettbewerbs vorzustellen. Fast eine Stunde hatte er die wartenden Journalisten auf den Beginn der Pressekonferenz warten lassen. Doch ein Star darf das. Es ging im Folgenden also darum, wie in der Vergangenheit im Hintergrund der Machtpolitik die Strippen gezogen wurden und was das mit Heute, in Zeiten von Twitter und Instagram, zu tun hat.
Noch ein anderer Star war gekommen, nämlich Casey Affleck, seinen neuen Film „Light of My Life“ (Panorama-Sektion) im Gepäck, bei dem er auch Regie führte. Die Prämisse einer Zukunft, in der es keine Frauen mehr gibt, hatte schon etwas eigenwillig Deprimierendes. Doch hier geht es um etwas anderes, um die Beziehung eines Vaters zu seiner zwölfjährigen Tochter, die er vor den Männern verstecken muss. Zu den anrührendsten Momenten dieser Berlinale gehörte es, wie die Darstellerin dieses Mädchens, Anna Pniowsky, nach der Vorführung auf der Bühne des großen Zoo-Palastes stand und, überwältigt von der Begeisterung und dem Applaus der über 900 Zuschauer, in Tränen ausbrach. So viel Aufmerksamkeit und Lob war dann doch zuviel.
Auf der Berlinale wird immer auch viel gefeiert, auf Empfängen, Partys und Essen, fast so, als sei die Geselligkeit noch wichtiger als die Filme. Manche Empfänge, so wie der vom Filmfest Emden, sind klein und heimelig, etwa 50 Menschen drängen sich um eine Hotelbar. Man kennt sich und verspricht, im Juni wieder zum Filmfest zu kommen. Der Hamburg-Empfang ist da mit 850 Gästen schon größer. Kultur-Politiker halten Reden, Journalisten führen Kurzinterviews, Radio-Reporter halten ihre Mikros hin. Anstrengend. Doch weil man so viele Bekannte aus der Heimat trifft, auch irgendwie angenehm. Noch anstrengender, weil noch größer, war es beim Empfang des Landes Nordrhein-Westfalen, bei dem sich über 1000 Leute auf den Füßen standen. Hier half nur Gelassenheit, die mit dem Blick auf den ein oder anderen deutschen Star, Jeanette Hain zum Beispiel, belohnt wurde.
Und die Filme? Enttäuschend Agnieszka Hollands Wettbewerbsbeitrag Mr. Jones über den walisischen Journalisten Gareth Jones, der 1933 auf eigene Faust in die Ukraine reist und mit den Folgen einer riesigen Hungersnot konfrontiert wird. Eine Geschichte, die niemand drucken will. Hollands Bedürfnis, das Augenmerk vor allem auf korrekte Ausstattung und griffige Gegensätze – hier die Not auf dem Land, dort die Orgien in Moskau – zu setzen, ist wenig erkenntnisreich. Und die Idee, ausgerechnet William Randolph Hearst als Retter in der Not zu präsentieren, ist doch reichlich absurd.
Um eine Hungersnot ging es auch in The Boy who Harnessed the Wind von Schauspieler und Regisseur Chiwetel Ejiofor, der im Berlinale Special lief. Die Geschichte eines Jungen, der 2001 in Malawi eine Windmühle baut, um so Wasser auf die ausgetrockneten Felder zu pumpen, gerät aber zu gelackt, zu anrührend, zu versöhnlich. Für die Not der Menschen findet Ejiofor nur wenig Bilder und Szenen, die Schauspieler selbst dürfen den körperlichen Verfall kaum zeigen. Da war der Beginn des Films mit Szenen von Korruption, Machtmissbrauch und Alltagsstrapazen sehr viel aufschlussreicher.
Ganz anders hingegen Ne croyez surtout pas que je hurle von Frank Beauvais, im Forum zu sehen. Ein endloser Bilderstrom, aus kurzen Ausschnitten von mehreren Hundert Spielfilmen zusammengestellt, prasselt auf den Zuschauer ein. Kennt man den Ausschnitt? Hat man den dazugehörigen Film schon einmal gesehen? Doch schon geht es weiter, während der Filmemacher aus dem Off seine tagebuch-ähnliche Geschichte erzählt, eine Geschichte von Trennung, Einsamkeit, Depression und Panikattacken. Und dann ist das diese Obsession, Filme zu gucken, wieder und immer wieder. So verbinden sich persönliche Biographie und alles verzehrende Cinephilie mit einer Zeit, die sich im Ausnahmezustand befindet.