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Irrational Man

| Jörg Schiffauer |

Woody Allen versucht sich erneut am fast perfekten Mord.

Abe Lucas (Joaquin Phoenix) ist ein erfahrener Eigen-brötler und auch sonst ziemlich durch mit dem Leben: Vom Schicksal gebeutelt und von den Frauen betrogen, flüchtet sich der zerknirschte Philosophieprofessor in Arbeit und Alkohol. Denn nicht nur sein Gemüt ist seit geraumer Zeit im Keller, auch mit der Libido will es nicht so recht klappen, und so soll ihm ein Ortswechsel zumindest einen neuen kreativen Anschub geben. Doch kaum ist Abe in seinem neuen Zuhause, einem kleinen College-Campus auf Rhode Island, angekommen, lassen auch die ersten Annäherungsversuche der weiblichen Intelligenz vor Ort nicht lange auf sich warten. Allerdings gelingt es zunächst weder der sehnsüchtigen Professorin Rita (Parker Posey) noch der aufgeweckten Studentin Jill (Emma Stone) seine verklemmte Leidenschaft wiederzubeleben. Erst als Abe eines Tages zufällig von einem ungerechten Richter erfährt, der einer Frau das Sorgerecht für ihre Kinder vorenthalten will, fasst er kurzerhand den Entschluss,  seinem aufglühenden Gerechtigkeitssinn nachzugeben und den Übeltäter auf eigene Faust aus dem Verkehr zu ziehen, womit sich – siehe da – auch seine eigenen Probleme schnurstracks in Luft aufzulösen scheinen.

Gäbe es da nicht einen Haken: Denn ein Mord ist immer nur so perfekt, wie man ihn inszeniert. Das weiß auch Woody Allen nicht erst seit Match Point, mit dem er 2005 die Teerunden der britischen Upperclass aufwirbelte. Bereits 1989 hatte ihn in Crimes and Misdemeanors die Grundfrage nach dem „erlaubten“, weil moralisch vertretbaren Verbrechen derart gepackt, dass er filmisch regelrecht zu Hochform auflief. Im Gegensatz zu den aus Angst und Panik begangenen Morden in den beiden Vorläufern, sieht Abe sich allerdings diesmal vielmehr als Teil einer übergeordneten Macht, die sein straflos-göttliches Handeln billigt, dient es doch, zumindest auf den ersten Blick, keinem persönlichen, sondern einem kollektiven Interesse. Nur dummerweise sieht Jill, als sie von Abes vermeintlicher Heldentat Wind bekommt, die Sache doch wieder ein wenig anders.

Mit Irrational Man ist Allen ein weiterer amüsanter, wenn auch wenig origineller Krimi gelungen. Das hat er vor allem Joaquin Phoenix zu verdanken, denn der spielt den lebensmüden Professor buchstäblich mit Leib und Seele, inklusive Kugelbauch und strähnigen Haaren. Und auch Emma Stone ist durchaus gewillt, ihrer undankbaren Rolle als Allens derzeitige Muse gerecht zu werden, jedoch fällt ihre Figur leider allzu oft den merklichen Schwächen des Drehbuchs zum Opfer. Ein Glück für Posey, die ebenfalls sichtlich Spaß an der ganzen Sache hat und sich damit auch gleich noch einen Part in Allens nächstem Film sichern konnte.

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