Von der Nützlichkeit einer geheimen Pfeifsprache
Es gibt eine schöne Szene in diesem Film, da geht Cristi, ein Polizist aus Bukarest, mit seiner Vorgesetzten Magda zu einer geheimen Besprechung ins Kino. Auf der Leinwand ist John Fords The Searchers zu sehen. John Wayne und seine Mitstreiter tappen buchstäblich im Dunkeln, während sich die unsichtbaren Indianer mit einer Pfeifsprache verständigen. Es wird nicht das einzige Mal sein, dass sich der rumänische Regisseur Corneliu Porumboiu (12:08 – Jenseits von Bukarest) so direkt auf die Filmgeschichte bezieht. Und die Pfeifsprache ist für die Handlung essenziell.
Cristi ist nicht nur Polizist – er macht auch gemeinsame Sache mit Gangstern. Es geht um 30 Millionen Euro, die die rumänische Mafia erbeutet hat. Der Geschäftsmann Zsolt, der das Geld waschen soll, sitzt allerdings im Gefängnis. Wo also ist das Geld? Cristi soll Zsolt aus dem Knast befreien. Dazu muss er allerdings zunächst auf La Gomera die Pfeifsprache El Silbo erlernen, um sich mit seinen Kumpeln unentdeckt verständigen zu können. Lautstärke, Tonhöhe, Tonlänge – alles muss mit der richtigen Haltung der Hand zum Mund gesteuert werden. Und: Cristis Vorgesetzte ist ihm längst auf den Fersen und lässt ihn mit Wanzen und Kameras überwachen …
Es gibt dann noch eine schöne Femme fatale namens Gilda, Cristis Pfeifsprachen-Lehrer Kiko und Cristis Mutter, die eine dicke Überraschung in petto hat. Porumboiu bricht die Linearität der Erzählung einfach auf, indem er seinen Film in sieben Kapitel einteilt, die mit den Namen der sieben wichtigen Protagonisten überschrieben sind. Rückblenden, Vorausschauen, Einsprengsel – die Handlung wirbelt wild durcheinander, erst später enthüllt sich die Bedeutung einzelner Szenen. Das ist manchmal verwirrend, führt aber auch zu magischen Momenten, etwa wenn Gilda sich als teures Callgirl ausgibt, um Cristi in seinem verwanzten Apartment besuchen zu können – eine Rolle, die sie bis zum Schluss der Szene durchhält, mit allen Konsequenzen.
Cineasten werden darüber hinaus weitere Hommagen an die Filmgeschichte entdecken, vom rumänischen Genrekino bis zum Film noir, von Hitchcock bis zu Coppola. Musikalisch gibt zunächst Iggy Pop mit „The Passenger“ das Tempo vor, bevor Mozart, Bellini, Kurt Weill und Carl Orff das Zepter übernehmen. Leichtfüßig flicht Porumboiu diese Bezüge in seinen Film ein, er liebt das Kino und die Musik und lässt den Zuschauer unaufdringlich an dieser Liebe teilhaben. Und dann endet das Ganze mit einem Lichterspektakel, das man je nach Haltung kitschig oder überwältigend finden kann. Porumboiu lässt einem die Wahl.