Spielerischer Ernst und ernstes Spiel – ein harter Brocken Sozialdrama
Nach sechs Jahren Aufenthalt sollen Oskar und Lilli – sie verwenden österreichische Versionen ihrer tschetschenischen Namen, zwecks Assimilation – und ihre Mutter abgeschoben werden. Nachdem der Abholungsversuch der Exekutive aus der Wiener Wohnung in einem mütterlichen Suizidversuch endet, werden die beiden Kinder gegen ihre Willen getrennt in die Obhut von Pflegeeltern übertragen. Pfiffig, wie die beiden sind, finden sie jedoch Wege, nicht nur einander, sondern ebenso gemeinsam Mama im Spital zu besuchen. Ein Happy End rückt deshalb aber noch lange nicht näher, auch, weil es hinter den pflegefamiliären Fassaden des altruistischen Wohlstands nicht minder bröckelt. Mit lyrischer Sanftheit versucht Arash T. Riahi die knallharte Geschichte eines Auseinandergerissenwerdens zu erzählen, wie es sich leider immer noch oft im echten Leben abspielt; allerdings nicht als kaltes Dokument, sondern als kindlich-spielerisches Realismus-Märchen, das stets einen warmen Grundton behält. Mal kratzt der unerwünschte kleine Oskar sinnbildlich nachdenklich an Taubenschutzdrähten, oft ergeben Objekte analoge Stimmungs-Emojis, mitunter sind sich die jungen, fantasievollen Seelen genügsam selbst Balsam. Und irgendwo verliert sich dann doch fast jede Situation in Übermut zur großen Geste: Ein Gewitter muss es auch noch sein, ein Brand vielleicht, ein dramatisches i-Tüpfelchen kommt fast nie allein. Dass auch pathetische Traumsequenzen der Abbildung des real Tragischen quasi nie förderlich sind, wird ebenfalls eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ein bisschen noch bleiben will man eigentlich immer nur bei jenem Handlungsstrang, der das Verhältnis von Oskar und der an Alzheimer leidenden Mutter seines Ziehvaters zum Inhalt hat. Die beiden bilden rasch eine klandestine und nicht rührselige, doch rührende Komplizenschaft von im Grunde nicht Erwünschten, die primär aus Anstand wohlwollend umsorgt werden. Der Gerettete und die Gepflegte in Union – hier gelingt es am weitestgehendsten, Dialoge und Dynamiken passieren zu lassen, denen die Aura des Reißbretts nicht kilometerweit vorauseilt. Über die Gesamtlaufzeit werden Möglichkeiten des Einfühlens in die Charaktere und deren soziale Zusammenhänge nämlich zumeist von nachmittagsfernsehtauglichen Familienfilm-Vibes einigermaßen undurchdringlich verschlackt. Ein bisschen bleiben wir noch verhebt sich leider schlussendlich an der Masse seiner thematischen Komplexität. Auch wenn er sie vielleicht gar nicht stemmen, sondern nur durch die Augen seiner jungen Hauptperspektiven sehen will.