Wenn die Natur zurückschlägt
Im Œuvre Baltasar Kormákurs findet sich wiederholt die Beziehung Mensch-Natur als zentrales Motiv. In The Deep griff der Regisseur mit dem Überlebenskampf eines Mannes, der nach dem Untergang eines Fischerbootes länger als wissenschaftlich für möglich gehalten im eiskalten Atlantik durchhält, eine Begebenheit auf, die sich tatsächlich in seiner isländischen Heimat zugetragen hat. Die Besteigung des höchsten Bergs der Welt als Abenteuer für nahezu jedermann zu vermarkten, samt der unvermeidlichen Katastrophe, die eine derartige Hybris nach sich ziehen muss, steht im Mittelpunkt von Everest. Adrift wiederum fokussiert auf das Drama um eine junge Seglerin, die in das Zentrum eines Hurrikans gerät. Es lässt sich leicht erkennen, dass Kormakur den Blick dabei primär auf das Spannungsverhältnis zwischen dem (modernen) Menschen und der Natur richtet.
Ein solches steht auch im Zentrum seines neuen Streichs Beast, der im Gegensatz zu den drei erwähnten Regiearbeiten, die alle auf realen Begebenheiten beruhen, pure Fiktion ist. Begründet wird besagte Reibung gleich zu Beginn als ein Trupp Wilderer ein Löwenrudel erbarmungslos abschlachtet. Doch ein Löwe entkommt dem Gemetzel und mutiert in einem Rachefeldzug zur titelgebenden Bestie.
Von all dem kann der Arzt Nate Samuels (Idris Elba) natürlich nichts ahnen, als er mit seinen beiden Töchtern im Teenageralter in Südafrika ankommt. Der Aufenthalt in der Heimat seiner unlängst verstorbenen Frau soll die vom Schicksal gebeutelte Familie wieder enger zusammenbringen. Doch das paradiesisch anmutende Naturreservat verwandelt sich bald in ein Inferno, als Familie Samuels unvermutet die Wege des Vergeltung an allen Menschen übenden wilden Tieres kreuzt.
Baltasar Kormákur setzt Beast zunächst als schnörkelloses Survival-Drama klassischen Zuschnitts in Szene, das erprobte Spannungsbögen effektiv einzusetzen versteht. Die angriffslustige Bestie wird dabei zum Racheengel, der den Widerstand der Natur gegen den Missbrauch durch den Menschen verkörpert. Wildbiologen werden an dieser Darstellung des Panthera leo vermutlich wenig Freude haben, doch die ein wenig archaisch anmutende Metaphorik funktioniert dramaturgisch – auch weil der computeranimierte Löwe das gelungenste so gestaltete Raubtier ist, das man seit dem Grizzly aus The Revenant, der Leo Di Caprio an die Gurgel ging, auf der Leinwand gesehen hat – gar nicht übel. Beast erweist sich so als erfrischend grundsolides Stück Genrekino – und das ist ja auf den aktuellen Spielplänen bedauerlicherweise sonst eher Mangelware.