Gut gebrüllt: Spannend-berührendes Plädoyer für eine bedrohte Tierart
Als eine wohltuende Abwechslung zu den vielen schlecht gestrickten CGI-Tierfilmen der letzten Jahre erweist sich Die Legende vom Tigernest. In der anrührenden Geschichte über die Freundschaft zwischen einem Waisenjungen und einer Baby-Raubkatze im Himalaya-Gebirge kommen nur echte Vierbeiner zum Einsatz. Im wundervoll an Originalschauplätzen gedrehten Spielfilm-Debüt des versierten (Naturschutz-)Dokumentaristen Brando Quilici muss das Tigerkind über weite Strecken nicht irgendwelche es überfordernde (erzählerische) Aufgaben erfüllen, sondern ist einfach nur ein knuddeliger „Adabei“, der am liebsten an den Stiefeln seines menschlichen Ko-Stars Sunny Pawar, der sich mit dem Drama Lion einen Namen machen konnte, herumkaut.
Pawar spielt mit großer Natürlichkeit den Protagonisten Balmani, dessen Eltern bei einem Erdbeben ums Leben gekommen sind. Seitdem lebt er in einem Waisenhaus im Süden von Nepal. Da ihn die anderen Kinder regelmäßig mobben, beschließt er, auszureißen und in seine Heimatstadt Kathmandu zurückzukehren. Es macht ihm nichts aus, wenn er dann in einem zerstörten Haus leben muss, da er sich dort zumindest auf die Unterstützung seiner Freunde verlassen kann. Aber dann sieht Balmani zufällig, wie einige Wilderer eine Tigermutter erschießen und ihr Junges in einen Käfig sperren. Er befreit es und gibt ihm den Namen Muki. Gemeinsam treten sie die Flucht an, während sich sowohl die Gangster als auch die besorgte Waisenhaus-Leiterin Miss Hannah (Claudia Gerini) an ihre Fersen heften. Das ist der Auftakt zu einer Odyssee bis hoch hinauf in das verschneite Himalaya-Gebirge.
Neben einem kurzer Abstecher zu den sogenannten „Honigjägern“, die zweimal jährlich an den Steilwänden herumkraxeln, erweist sich in dem episodischen Road-Movie vor allem der Showdown im buddhistischen Kloster Taktshang (übersetzt „Tigers Versteck“), wo seit 1950 Mönche in 3120 Meter Höhe vor der chinesischen Invasion Tibets Zuflucht suchen und die bedrohten Raubkatzen schützen, als spektakuläres Highlight. Um die Anlage herum, die als kulturelles Wahrzeichen des Königreichs Bhutan gilt, lauern die Wilderer um den verschlagenen Oberschurken Samchai. Doch der größer gewordene Muki kann plötzlich mehr als nur seine Krallen zeigen. Die Besetzung mit indigenen Schauspielern erweist sich ebenfalls als Volltreffer. Lediglich, dass sie als Konzession an Massentauglichkeit in der Originalfassung Englisch sprechen müssen, wirkt etwas störend. Ansonsten ist das fantasievolle Action-Abenteuer für Groß und Klein stets um Authentizität bemüht.