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Soylent Green – Jahr 2022 ... die überleben wollen

DVD/Blu-ray

Soylent Green

| Jörg Becker |
Richard Fleischers erschreckend aktuelle Dystopie

Im Jahr 2022 kämpfen 40 Millionen Menschen im überbevölkerten New York um die nackte Existenz, es mangelt am Elementaren: Wasser, Nahrung und Wohnraum, der Treibhauseffekt deutet sich an, man trägt Maske und erstrampelt sich elektrischen Strom per Fahrraddynamo. Natürliche Nahrung gibt es nur noch für Geld-Eliten. Ein Konzern, der die Lebensmittelversorgung kontrolliert, hat ein neues Produkt, „Soylent Green“, auf den Markt gebracht hat, einen grünen Keks, für den die „sozial Schwachen“ an den Ausgabestellen in den Elendsquartieren Schlange stehen. Angeblich wird er aus Plankton gewonnen, wenngleich im Namen noch Soja und Linsen enthalten sind; dass dem nicht so ist, erweist die detektivische Recherche der Handlung, und das „Green“-Recycling-Konzept lässt uns schaudern.
Die Pop-Dystopie kommt unserer Gegenwart mitunter erstaunlich nah, auch wenn man die Leichen der Slumbevölkerung noch nicht per Schaufelbagger entsorgt. Zu prophetisch, um ein (Öko-)Thriller zu sein, entwirft der Film seine Zukunftsvision als Demonstration sozialen Zerfalls, seine Sci-Fi ist kein Flug einer Elite zu fernen Sternen. Es geht um fehlende Verteilungsgerechtigkeit, Raubbau, Endlichkeit der Ressourcen. Gegen Ende seines Lebens fasste Heiner Müller das Prinzip unseres Wirtschaftssystems zusammen: „Für alle reicht es nicht. Daraus folgt die Selektion.“ Die Erkenntnisse des Club of Rome lagen zur Drehzeit bereits vor; „Soylent (Grün)“ wurde Punk; firmierte auch als Geschäftsidee von Komplettersatz-Nahrung, „effizientes Essen“.
Eine staatlich subventionierte Euthanasie rückt Bestattungsriten und Nahrungsmittelproduktion zusammen, am Ende zieht eine Lichtspielinstallation den Sterbebereiten mit nostalgischen Bildern einer verlorengegangenen Natur hinaus aus einer menschengemachten Hölle.