Selbstironische Nabelschau rund ums Jetzt-Dann-Wirklich-Erwachsensein
Mit Mein Wenn und Aber geht Marko Doringers dokumentarische Selbstbeobachtungs-Serie mit Fokus auf sich selbst und andere zeitgenössische Kultur-Bobos in ein neues Kapitel. Nach Mein halbes Leben (Lebenskrise mit 30: Wie wird man erwachsen? Was sagen die Eltern?) und Nägel mit Köpfen (stückweise Lebensfügung mit 35: Irgendwie ist man zu Beruf und stabiler Beziehung gekommen … jetzt Kinder?) ist es in seinem neuen Film passiert. Die Hauptdarsteller und ihre Partnerinnen sind in der statistisch gerechnet zweiten Hälfte ihres Lebens angekommen. Kapuzenpullis und via Flohmarkt eingerichtete Wohnungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um erwachsene Männer handelt. Die Zeit schreitet voran, die Haare werden schütter, Familiengründung steht an und stetig kreisen Doringer und seine Ko-Protagonisten um die Frage, wie sich sich Selbstverwirklichung, Geldverdienen und Freizeit zusammenbringen lassen. Wer will was, wer ist hier zuständig? Patentlösung: die Frauen. Tatsachen werden geschaffen, eigene Kinder sind jetzt da, die Frauen hüten sie sorgsam, während die Männer immer noch nicht recht wissen, ob, was, wie, warum, welcher Kontinent, welches Projekt und wo oben und unten überhaupt sind. Sie sichern den Frauen nicht etwa Pflichterfüllung zu, sondern „volle Unterstützung“. Bis dahin erstmal Tee trinken, wegfahren, recherchieren, schauen und bei Bedarf: vertrösten.
Mein Wenn und Aber ist aber nur auf einer Ebene ein langwieriges Homevideo. Auf einer zweiten Ebene lassen sich ehrliche Sorgen erkennen, ein Ringen um eine neue, von den eigenen Vätern abgekehrte Männlichkeit, die humaner, weicher und insgesamt nicht so definiert (von daher wohl etwas gehemmt) daherkommt. Ein neuer Männertypus, der es nicht immer schafft, sich wirtschaftlich selbst zu erhalten, würde deshalb wiederum selbst herzlich um Unterstützung, etwa beim alten Männertypus, bitten. Manchmal klappt’s ja. Auf einer dritten Ebene ist Mein Wenn und Aber ein Film übers Dokumentarfilme-Drehen, der immer wieder die Frage aufwirft, wer eigentlich profitiert, wenn Menschen ihr Inneres vor die Kamera tragen. Was ist privat, wem nützt die Inszenierung? Mehr als einmal fragt eine Figur: Was habe ich eigentlich davon, dass ich das hier alles zeige? Nun ja, das Publikum hat was davon. Die bittersüße Erkenntnis, dass die Peergroup sich auch mit allerlei herumschlägt und es keine einfachen Lösungen im Leben gibt, außer halt weiterzumachen – so gut es eben geht.