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Robot-Dreams

Filmstart

Robot Dreams

| Alexandra Seitz |
Ein grandioser Animationsfilm, der nicht nur das Potenzial der Kunstform vor Augen führt, sondern auch ins Herz trifft

 

Eines Abends stellt Dog fest, dass er einsam ist. Die Makkaroni mit Käse wollen nicht mehr so recht munden und der Softdrink schmeckt schal. Ein Glück, dass im Fernsehen gerade die Lösung des Problems beworben wird: ein Roboter! Muss her! Bestellt, geliefert, zusammengeschraubt ist eins, und schon freuen sich aneinander: Dog und Robo, die beiden Helden des für Menschen jeden Alters geeigneten Robot Dreams von Pablo Berger. Dann allerdings nimmt ein Badeausflug nach Coney Island ein reichlich unvorhergesehenes Ende und die Beziehung der beiden wird vom Blitzrost sozusagen in die Zwangspause geschickt. Fortan wechselt die Perspektive zwischen den voneinander getrennten Freunden hin und her, zeigt ihre Abenteuer, ihre Sehnsüchte, ihre Träume und ihr Sich-umeinander-Sorgen, vermittelt die tiefe Zuneigung einer gelebten Freundschaft. Es vergeht der Winter. Es folgt der Frühling. Es ändern sich die Zeiten.

Robot Dreams, eine spanisch-französische Koproduktion, oscarnominiert und als Bester Animationsfilm sowohl mit einem Goya als auch dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet, basiert auf der gleichnamigen, 2007 erschienenen Graphic Novel der US-Amerikanerin Sara Varon. Aus dieser Herkunft übernimmt das Animationsteam den Stil der „Ligne claire“, der wiederum eine Ausprägung der französisch-belgischen Comic-Schule ist und als dessen wahrscheinlich bekanntester Vertreter Hergé mit seinen „Tim und Struppi“-Storys gilt. Die Kennzeichen der Ligne claire sind ein schwarzer Konturstrich, der die Umrisse von Figuren und Gegenständen festlegt, eine flächig-einfarbige Ausmalung ohne Verläufe, der ökonomische Umgang mit Schatten und Schraffuren, aber auch und nicht zu vernachlässigen: die gradlinige Erzählung. Das Ziel ist Vereinfachung, Schlichtheit in jeder Hinsicht, ohne dabei in Simplifizierungen zu verfallen.

Im Kern erzählt Robot Dreams die Geschichte des Akzeptierens und Verarbeitens von Verlust. Jede weiß, dass einem selbst die beste Freundin aus den Augen verschwinden kann; was eben genau nicht bedeutet: aus dem Sinn. Und erst recht nicht: aus dem Herz. Sowie einem aber bewusst wird, wovon hier eigentlich die Rede ist, steigt auch die Bewunderung für die tatsächliche Komplexität dieses nur vermeintlich einfach gestrickten Films. Mit seiner liebevoll entworfenen, bis ins kleinste Detail und hinterste Eck einfallsreich angeräumten, gemalten Welt stellt er ein glänzendes Exempel jener hohen Kunst dar, aus der Fantasie die Wahrheit des Herzens zu schaffen.