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Teaches-of-Peaches

Filmstart

Teaches of Peaches

| Ania Gleich |
Punk zwischen Mullets und Electroclash

 

Fuck the Pain away“, trillert Peaches aka Merrill Beth Nisker in ihr Publikum. Auf ihrem Körper steht „Thank God for Abortion“. Die Menge brüllt ekstatisch. Szenenwechsel. Die kanadische Sängerin steht mit ihrer Band zusammen im Proberaum und brieft ihre Mitperformerinnen. Wer zusammen mit Peaches auftritt, wird Teil ihres Showkonzepts. Alle Bandmitglieder bekommen etwa eigens für die Tour zugeschnittene Frisuren und Stageoutfits. Und die Tour, die hier ansteht, ist nicht irgendeine Tour. Es ist die „Teaches of Peaches – 20th Anniversary Tour“, das ikonische Album, das der Musikerin 2000 den Durchbruch verschaffte. Philip Fussenegger und Judy Landkammer haben jene Tour begleitet und mit Teaches of Peaches eine vielseitige Hommage an das Schaffen und Wirken der kanadischen Künstlerin erschaffen.

„Teaches Of Peaches“ ist heute nicht nur deswegen spannend, weil es viele Diskurse über weibliche und queere Lust und Sexualität vorweggenommen hat, sondern weil es heute vermutlich nicht einmal halb so viel Aufsehen erregen würde wie noch vor zwanzig Jahren. Die Just-Do-It-Mentalität der DIY-Künstlerin ist dabei das, was am meisten beeindruckt. Mit welcher Energie die 58-Jährige immer noch bei jeder einzelnen Show auf die Bühne springt, ist kaum nachzuahmen. Der Stage-Walk (als aufrechte Alternative zum Stage-Dive) zeigt die Loyalität und Verlässlichkeit ihrer Fans. Die in Ontario geborene Künstlerin begann ihre Karriere dabei in Bands wie „The Shit“, wo sie etwa Chilly Gonzales kennenlernte, mit dem sie später auch erstmals nach Berlin ging. Auch ihre langjährige Mitbewohnerin im Toronto der neunziger Jahre sowie ebenfalls Künstlerin, Leslie Feist, erzählt im Film von Niskers unverwechselbarer Punk-Attitüde, die sich nicht nur in ihrer Musik widerspiegelte, sondern auch in ihrem Zusammenleben. Und diese Haltung war auch notwendig. Denn ständige Mutmaßungen über Peaches’ Sexualität und misogyne Abwertungen gehörten eben zum sexistischen Zeitgeist, in dem Fisker trotz aller Widerstände „Teaches of Peaches“ herausbrachte. Diesem mit einer gewissen Einstellung entgegenzutreten, machte Peaches vermutlich auch zu der Performancekünstlerin, die sie schlussendlich geworden ist. Dass Kostüme dabei so ein Herzstück ihrer Kunst werden würden, war Nisker anfangs noch gar nicht so bewusst. So sind Dinge wie die abgeklebten Nippel oder der Vulva-Kopfschmuck inzwischen aber zu fast schon ikonischen Styles geworden. Wer Teaches of Peaches gesehen hat, wird jedenfalls schnell nachsehen, wann Peaches das nächste Mal in seiner Nähe spielt.