Koeln-75

Filmstart

Köln 75

| Alexandra Seitz |
Was einem legendären Konzert vorausging.

Am 24. Jänner 1975 schrieb der US-amerikanische Pianist Keith Jarrett Musikgeschichte, als er im Opernhaus Köln zu später Stunde eines seiner berühmten frei improvisierten Solo-Konzerte gab. Als „Köln Concert“ veröffentlicht – produziert wurde die Aufzeichnung übrigens von Manfred Eicher, Mitbegründer des hochklassigen Musiklabels ECM Records –, avancierte es zum meistverkauften Klavier-Soloalbum seit Erfindung der Schallplatte. Diese Sternstunde des Jazz jährt sich 2025 zum fünfzigsten Mal, außerdem feiert Jarrett am 8. Mai dieses Jahres seinen achtzigsten Geburtstag. Da kommt eine Film-Version des damaligen Ereignisses doch sehr gelegen. Zumal es demselben an Dramatik nun wahrlich nicht mangelte.

Jedenfalls von der Perspektive Vera Brandes aus gesehen, die das legendäre Konzert seinerzeit mit einer gehörigen Portion Chuzpe auf die Beine gestellt hat. Sie war damals 18, als Konzertveranstalterin im Jazz-Bereich allerdings bereits ein alter Hase. Sehr zum Missfallen ihres Vaters, der sie sich eher als Nachfolgerin in seiner Zahnarztpraxis gewünscht hatte, oder als Anwältin oder was auch immer – Hauptsache anständig. Mithin erzählt Regisseur und Drehbuchautor Ido Fluk in Köln 75 also auch die Geschichte einer Emanzipation, die endgültige Befreiung der Brandes aus dem väterlichen Zurichtungs-Zugriff nimmt den gebührenden Platz ein.

Für den musikologischen Background sorgt die Figur eines dem Bilderbuch entsprungenen Journalisten (schlimme Frisur und schlecht sitzende Klamotten an aus dem Leim gegangenem Körper), der immer mal wieder mittels direkter Ansprache das Publikum über den Jazz an sich und den Jarrett-Jazz im Besonderen orientiert – wenn er nicht gerade dem genialen Musikanten selbst Geheimes und Privates entlockt, das er selbstverständlich nicht veröffentlichen darf.

Zum dramaturgischen Spannungshöhepunkt wird sodann die Sache mit dem Konzertflügel stilisiert, der nicht der von Jarrett ausbedungene Bösendorfer 290 Imperial war, sondern ein kleineres und minderwertigeres Exemplar. Außerdem war der Meister müde und hätte ihn diese quirlige, energieberstende rotzfreche Kölner Göre nicht gnadenlos zugequatscht – die Musik wäre heute ärmer. Professionalität und ein ausverkauftes Haus dürften auch eine Rolle gespielt haben. Man hat sich im Kino schon schlechter unterhalten als in dieser gediegen inszenierten Legendenfortschreibung.