Der Haneke-Schüler Patrick Vollrath vertritt Österreich in Cannes.
„Intensiv und gut erzählt. Ein bewegender Film, der einen von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselt.“ Keine schlechte Empfehlung, wenn sie vom zweifachen Palmen-Gewinner und Oscar-Preisträger Michael Haneke stammt. Auch Abbas Kiarostami zeigte sich begeistert: „Der Film hinterlässt großen Eindruck beim Publikum“. Das Lob aus berufenem Munde gilt dem 30-minütigen Drama Alles wird gut von Patrick Vollrath. Der im Harz geborene und in Wien lebende Regisseur studierte an der dortigen Filmakademie und geht mit seinem furiosen Psychothriller, der bereits beim Saarbrückener Max Ophüls-Festival gewann, nun in Cannes in der Reihe Woche der Kritik an den Start.
Herr Vollrath, Ihr Wiener Drama ist der einzige österreichische Beitrag im offiziellen Cannes – fühlen Sie sich einsam?
Das wurde mir letztens gesagt, mir war das gar nicht so bewusst. Das ist sicherlich ein kleiner Vorteil, weil es die Aufmerksamkeit erhöht. Auch wenn es sich „nur“ um einen Kurzfilm handelt, sind Leute mehr interessiert an einem. Ich würde wahrscheinlich dieses Interview gar nicht geben, wenn ich einer von vielen wäre.
Sie haben in Wien an der Filmakademie bei Michael Haneke studiert – bei ihm gibt’s gerne Streit, ob er als Deutscher oder Österreicher antritt. Unter welchem Fähnchen geht Ihr Film offiziell an den Start?
Ich bin Deutscher und trage bei jeder Fußball-WM natürlich das Deutschland-Trikot – auch in Wien, wo ich lebe. Aber als Filmemacher bin ich in Österreich groß geworden. Alles wird gut ist eine deutsch-österreichische Koproduktion.
Wie haben Sie von der Cannes-Teilnahme erfahren? Was war die erste Reaktion?
Es war Ostermontag morgens. Ich lag noch im Bett, habe auf meinem Handy diese Email gelesen. Ich lief erst einmal ein wenig durch die Wohnung, dann habe ich meine Sportsachen angezogen und bin eine Runde gejoggt.
Sie haben beim Festival in Saarbrücken gewonnen – welche Erwartungen haben Sie an Cannes?
Der Gewinn beim Max Ophüls-Preis war großartig. Saarbrücken ist ein wunderbares Festival, wo gute Kontakte entstanden sind. Für Cannes habe ich keine besonderen Erwartungen. Ich freue mich, meinen Film zeigen zu dürfen und nehme mit, was kommt. Ich werde ein paar Langfilmstoffe dabei haben und sicher mit ein paar Leuten darüber reden. Außerdem möchte ich den ganzen Tag Filme anschauen.
Haben Sie einen Smoking gekauft und Visitenkarten drucken lassen?
Mir wurde gesagt, dass auf dem Roten Teppich eine Fliege zwingend sei und ein Smoking üblich. Ich finde es etwas seltsam, damit im Kino zu sitzen, aber was soll’s. Ich werde mir einen Smoking für die paar Tage leihen. Ein befreundeter Kostümbildner hilft mir zum Glück bei der Auswahl.
Wie kam es zu den Komplimenten von Abbas Kiarostami und Michael Haneke für Ihren Film?
Michael Haneke ist mein Professor an der Filmakademie. Er hat meinen Film gesehen, ganz regulär im Rahmen des Studiums und sich dankenswerter Weise sehr positiv geäußert. Abbas Kiarostami hielt einen dreitägigen Workshop an unserer Uni und wollte Filme der Studierenden sehen. Mein Film existierte nur im Rohschnitt, aber ich habe die Möglichkeit genutzt und bat ihn um seine Meinung.
Welchen Einfluss hatte Michael Haneke auf den Film?
Ich habe sechs Jahre bei ihm studiert, da ergibt sich natürlich einiges, was sich auf die eigene Arbeit auswirkt. Viele seiner Ansichten über das Filmemachen teile ich. Im Vorfeld habe ich die Geschichte oft mit ihm besprochen und diverse Fassungen diskutiert. Haneke hat mir deutlich und klar gesagt, wenn er etwas nicht so gut fand. Einiges davon habe ich angenommen – und bei manchen mein eigenes Ding durchgezogen.
Gibt es Pläne für eine Kinoauswertung?
Kurzfilm im Kino ist immer schwierig. Da müsste man zwei, drei Kurzfilme zusammenpacken, um den Eintritt zu rechtfertigen. Mal schauen, was passiert. Freuen würde es mich sicher. Ich freue mich über jeden Zuschauer, der meinen Film sieht.
Sie schreiben bereits Ihr Langfilm-Drehbuch – worum geht es da?
Ich schreibe an zwei Stoffen und an einem Serienkonzept. Die Serie handelt von vier Jungs aus meiner Generation. Eine Coming-of-Age-Story von Mitzwanzigern quasi, und die Langfilmstoffe beschäftigen sich mit der terroristischen Bedrohung und ihrer Auswirkung auf das Leben normaler Menschen. Zudem entwickle ich zusammen mit einer Autorin einen Jugend-Abenteuerfilm.