Filmkritik

Altman

| Oliver Stangl |
Informative, aber konventionelle Doku über den filmischen Großmeister.

Robert Altman (1925–2006) war eine singuläre Erscheinung in der US-amerikanischen Filmlandschaft – ein Maverick, der eine unverkennbare Handschrift entwickelte und dem es gelang, stets jene Filme zu drehen, die er auch wirklich drehen wollte. Mit dokumentarischen und naturalistischen Elementen wie Zoom oder überlappendem Dialog nahm er sich Genres wie Kriegsfilm (MASH, 1970), Western (McCabe & Mrs. Miller, 1971), Detektivfilm (The Long Goodbye, 1973) oder Musikfilm (Nashville, 1975) vor, dekonstruierte sie und hinterfragte mit satirischem Impetus und gesellschaftskritischem Anspruch uramerikanische Mythen.

Nach dem Ende von New Hollywood und dem Flop seines Musicals Popeye (1980) arbeitete Robert Altman hauptsächlich für das Fernsehen – für das er unter anderem die revolutionäre Politsatire Tanner 88 (1988) drehte – ehe ihm Anfang der Neunzigerjahre mit Filmen wie der Hollywoodsatire The Player (1992, Regiepreis in Cannes) und der Raymond-Carver-Adaption Short Cuts (1993, Goldener Löwe in Venedig) ein fulminantes Kino-Comeback gelang. Abseits der Filmarbeit führte Altman ein schillerndes Leben: Er war Vater mehrerer Kinder, die er mit unterschiedlichen Frauen zeugte, erfand eine Hundetätowiermaschine, war spielsüchtig, konsumierte ausgiebig Alkohol und Marihuana und engagierte sich gegen den Irakkrieg. Alles in allem ist das eine Künstlervita, die man eigentlich kaum in einen kurzen Dokumentarfilm zu packen vermag.

Und tatsächlich ist das wohl größte Problem von Ron Manns dokumentarischem Porträt Altman die geringe Laufzeit von 96 Minuten – viele von Altmans Meisterwerken finden dadurch wenig Platz und werden relativ zügig abgehakt. Und auch seine privaten Dämonen werden schnell übergangen (möglicherweise aus Rücksicht auf die Familie, der im Nachspann gedankt wird und die auch bisher unveröffentlichtes, privates Filmmaterial zur Verfügung stellte).

Trotz dieser Einschränkungen ist Mann ein recht kurzweiliges Porträt gelungen, das besonders für jene, denen der Altmansche Kosmos neu ist, lohnenswert sein dürfte. Für Kenner sollten sich jene Sequenzen, die Altmans Anfänge beim Fernsehen und vor allem manch private Aspekte zeigen, lohnen. Auch setzt Mann einen Kunstgriff ein, der dem Konventionen gern unterwandernden Altman möglicherweise gefallen hätte: Künstlerische Weggefährten und Bewunderer wie Julianne Moore, Elliott Gould oder Paul Thomas Anderson kommen zwar zu Wort, erzählen jedoch keine Anekdoten, sondern definieren in jeweils einem Satz, was das Wort „altmanesque“ für sie bedeutet. Stellvertretend sei hier Robin Williams’ Definition genannt: „Expecting the unexpected.“

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