Dokumentarisches Road-Movie entlang der Grenzen von Ländern, Menschlichkeit und Vernunft
Seit Ewigkeiten werden Mauern gebaut, um eigenes Eigenes vom Eigenen anderer zu trennen, um Besitz zu begrenzen, um etwas zu schützen. Die deutsche Sprache hat mit „untermauern“ noch dazu den Aspekt zu bieten, dass sich all das auch auf Nicht-Materielles, vor allem auf Gedankliches beziehen kann: Als eine seiner ersten großen Amtshandlungen unterschrieb US-Präsident Donald Trump 2017 eine Executive Order, die es seiner Administration ermöglichte, die Grenzlinie zu Mexiko durch den mittels staatlichen Geldern finanzierten Bau einer neuen Mauer zu verstärken. Und damit sein selbstproklamiertes Image als großer Problemlöser und der Nation heilbringender Macher zu untermauern.
Doch American Wall erzählt nicht nur von der Trump-Mauer, von der im Laufe der Jahre auch tatsächlich circa 700 km gebaut wurden, sondern von verschiedensten Stellen an der Grenze, wobei Menschen aller Altersstufen zu Wort kommen, die darin vereint sind, in diesem konfliktreichen Zwischenraum zu leben: Da ist das Schulmädchen, das von seinem Schulweg erzählt – wie viele andere, die auf der mexikanischen Seite wohnen, überquert sie am Weg zur Schule die Grenze und wird von dort mit Bus und Betreuung zu ihrer Schule gebracht. Ohne ihre Eltern, denn die dürfen selbst nicht mehr in die USA einreisen. Oder aber der besorgte Geschäftsmann, der Trumps Zubau lobt, weil er sich endlich wieder ohne Waffe aus dem Büro trauen kann, wie er sagt. Einige geben zu bedenken, dass die Mauer-Frage ja ohnehin nicht die eigentlich dringende Frage sei, die es zu behandeln gäbe. Einsicht bekommen wir auch in die Auswirkungen der strengen Grenzziehung für die Tierwelt, in deren Lebensraum rücksichtslos eingegriffen wird. Und der Gründer einer de facto paramilitärischen Organisation, die bewaffnet ihr Heimatland vor Einwandernden schützen will, wird dankenswerterweise u. a. von einem Hilfsorganisations-Mitarbeiter argumentativ widerlegt – natürlich nur für uns Zusehende. Denn auch die Gesprächs-Fronten sind verhärtet, nicht nur jene aus Stacheldraht und Stahl. Zwischen den Interviewsequenzen bieten uns Thomas Zeller und Christine Lechner in ihrem Film visuell ansprechende Kamerafahrten, Luftaufnahmen und Impressionen der menschlichen Trennlinie durch die Natur. Filmisch das große Manko dabei ist sicher der übertriebene Musik-Einsatz, der enervierend auf Stimmungserzeugung pocht, der die Wirkmächtigkeit des Gezeigten und Gesprochenen aber sogar eher untergräbt. Und auch einen Spannungsbogen vermag American Wall kaum zu erzeugen – was nicht heißt, dass man hier nicht von Anfang bis Ende ziemlich interessante Einblicke erhält. Mehr nicht-sitzende oder -stehende Menschen würden das Ganze aber deutlich packender machen.