Small is beautiful.
Wer vom exponenziellen Recycling von Superhelden-, Comic- und Videospiel-Action im Lauf der vergangenen Dekade übersättigt ist, findet in dieser Reihe aus den Häusern Marvel und Disney eine charmante Abwechslung. Das beginnt schon einmal damit, dass der Held nicht ein riesenhaftes Muskelpaket ist, welches in entfesselter Urgewalt ganze Stadtteile digital in Schutt und Asche legen muss, um seine Heldentaten zu vollbringen. Hier reicht es, auf mikroskopische Größe zu schrumpfen und seine Widersacher mitunter zu sekkieren wie ein lästiges Insekt. Die Ausnahme, wenn der Ameisenmann einmal wegen eines technischen Fehlers seiner Superhelden-App auf Godzilla-Dimension anwächst, bestätigt nur die alternative Regel, wonach small gerade auf der Riesenleinwand beautiful sein kann. Paul Rudd verleiht diesem speziellen Helden – als All American Shy Guy, gewissermaßen als durchschnittlicher „kleiner Mann“ – kongenial Gestalt und hat auch am Drehbuch mitgeschrieben.
Im zweiten Teil von Ant-Man begibt sich Scott Lang, wie der hauptberufliche Elektroingenieur außer Dienst heißt, erneut in sein Schrumpfungskostüm und beweist, dass man die Welt auch mit Situationskomik, guten Witzen und winzigen Manövern retten kann. Weniger die Welt eigentlich als die Frau des genialen Wissenschafters Hank Pym, Michael Douglas spielt diesen bestgelaunt im nunmehr dritten Frühling seiner Karriere. Pyms geliebte, von Michelle Pfeiffer dargestellte Gattin ist nämlich in einer komplizierten Mikro-Raum-Zeitschleife hängen geblieben (was übrigens zu einer bizarren Szene führt, in der Douglas und Pfeiffer auf jung gepixelt werden). Verstärkung erhält Ameisenmann Scott durch die Wespe des Titels: Pyms wespentaillierte Tochter Hope (Evangeline Lilly) kann in ihrem Schrumpfkostüm sogar fliegen, während Scott sich dafür der Hilfe „echter“ fliegender Insekten versichern muss. Abgeschüttelt scheint der Erfolgsdruck der Einführung einer neuen Marke im Marvel-Universum, wie noch im ersten Teil spürbar, denn es entstand – erneut unter der Verantwortung von Regisseur Peyton Reed – eine frische Brise von einem Sommerfilm, dessen Lauflänge sich endlich einmal kürzer anfühlt als sie tatsächlich ist (nämlich knapp zwei Stunden).
Eine gewisse lockere Verspieltheit prägt Ant-Man and the Wasp, bis hinein in seine pfiffigen Action-Sequenzen. Dass Dr. Pym sein Labor auf Koffergröße schrumpfen kann, ist ein gelungener Gag. Eine Autoverfolgungsjagd auf den Straßen von San Francisco (leider ohne Michael Douglas!) bringt durch ihren Wechselgrößenmodus Pfeffer in einen totgefahrenen Action-Topos. Was den Film jedoch wesentlich von anderen Produkten der in jeder Hinsicht gigantomanischen Mainstream-Industrie der Vereinigten Staaten abhebt, ist ein stärkerer Fokus auf die Charaktere. Statt unterschiedsloser Schablonen, deren Zweck ausschließlich darauf beschränkt ist, die Action-Handlung voranzutreiben, findet man hier geradezu filmische Persönlichkeiten. Die liebevolle, humanistische Gestaltung der Figuren erinnert zuweilen sogar ein wenig an Disney/Pixar-Animationsfilme wie zum passenden Beispiel A Bug‘s Life (der immerhin schon 20 Jahre auf dem Buckel hat).
Das soll nun nicht heißen, dass ausgerechnet in einem Paradefall filmtechnischer Innovationsbedürftigkeit wie der Ant-Man-Reihe das Special Effects Department auslassen würde. Es ordnet sich nur, wie es früher einmal Standard war für einen funktionierenden Film, der Geschichte und vor allem ihren Protagonisten unter. Downsizing mit Dead-Pan-Humor und spritzigen Dialogen: Man muss sich nicht im Marvel-Universum auskennen, man muss nicht einmal den ersten Teil gesehen haben, um diesen Film zu mögen. Und endlich kann man sich wieder einmal auf die Fortsetzung eines Superheldenfilms freuen.