ray Filmmagazin » Filmkritiken » Arthur & Claire

Filmkritik

Arthur & Claire

| Günter Pscheider |
Josef Hader überzeugt als zynischer Grantler, der im Angesicht des Todes zu neuer Menschlichkeit findet.

Der krebskranke Wiener Arthur will seinem freudlosen Leben in Amsterdam mittels Sterbehilfe ein Ende setzen, als er im Hotel durch infernalisch laute Death-Metal-Musik bei seinem letzten Abendmahl gestört wird. Als er wutentbrannt ins Nachbarzimmer stürmt, merkt er sofort, dass hier etwas nicht stimmt. Das Badewasser läuft über, und die junge Claire schüttet hektisch das Glas mit der Überdosis Schlaftabletten um. Dieses skurrile Szenario erzeugt so etwas wie Neugier in Arthur, der wohl in den letzten Jahren seines Lebens auf seine Umwelt mit einer wienerischen Mischung aus Gleichgültigkeit und Zynismus reagiert hat. Warum will sich eine attraktive Frau Anfang dreißig umbringen? Claire kann anfangs wenig mit dem grantelnden Arthur anfangen, doch im Lauf des Abends, der das ungleiche Gespann quer durch Amsterdam führt, merken beide, dass nicht Krankheit oder Tod der schlimmste Feind des Menschen sind, sondern die Einsamkeit.

Arthur & Claire basiert auf dem Theaterstück von Stefan Vögel, das ausschließlich in einem Hotelzimmer spielt. Regisseur Miguel Alexandre und Ko-Autor Josef Hader taten gut daran, die etwas boulevardeske Vorlage filmisch aufzubereiten, indem sie die Charaktere hinaus in die Stadt schickten. Dieses Flanieren durch die Nacht abseits der Touristenströme erinnert bisweilen stark an das Konzept von Richard Linklaters Before Sunrise, auch wenn einander hier die zwei Protagonisten anfangs eher unsympathisch sind, wobei die charismatische Hannah Hoekstra als jüngerer Gegenpol agiert.

Von diesem Gegensatz der Temperamente lebt die erste Hälfte des Films sehr stark: hier der kleinbürgerlich pedantische Arthur, der an seinem letzten Abend früh ins Bett will, damit er morgens fit ist, schließlich will er die letzte Sache seines Lebens gut machen. Dort die impulsive Claire, die zwar mit dem Leben abgeschlossen hat, aber doch einen unbändigen Lebenswillen ausstrahlt. Manche Dialoge und Kurzmonologe könnten mit ihrem lakonischen Humor aus einem Hader-Kabarettprogramm stammen, vor allem, wenn Arthur sich über den Zustand der Welt und seinen eigenen beklagt. Das Einzige, was bei diesem trotz des Settings nicht dialoglastigen Film – Blicke, Musik und Situationen erzählen oft mehr als die Worte – ein wenig zu kurz kommt, ist der Schmerz selbst: Arthurs physisches und Claires psychisches Leiden werden zwar behauptet und sind durch die Umstände nachvollziehbar, so richtig mitleiden kann man mit den beiden aber nicht.