Mit Monte Hellman starb einer der großen unabhängigen US-Regisseure der sechziger und siebziger Jahre. Zur Erinnerung noch einmal unser Text über sein großartiges Roadmovie „Two-Lane Blacktop“.
Von Universal lieblos ausgewertet, schien Two-Lane Blacktop, auf zweispuriger asphaltierter Straße zwischen Kalifornien und Tennessee gedreht, den Beweis antreten zu sollen, dass New Cinema floppt – es wurde ein Meilenstein daraus, das erste moderne Road Movie
Zu Beginn treten zwei Wagen in einem nächtlichen Straßenrennen gegeneinander an; am Start, aufs grüne Signal hin, rasen sie davon, aber die Kamera folgt ihnen nicht, denn schon kommt ihnen die Polizei entgegen; für die jungen Fahrer des getunten Chevrolet ist der Renneinsatz, 200 $, verloren. Es folgen Rituale einer Subkultur, vollzogen mit großer Lakonie: wie sie einparken, die Motorhaube aufklappen, die Ventile prüfen, den imposanten Motorblock betrachten. Dann einen Gegner finden, gegen den sie Rennen fahren und auch gewinnen können. Einmal tanken sie voll und bezahlen kaum mehr als acht Dollar.
Samuel Beckett – On the Road
Vereinzelt wurde Two-Lane Blacktop, wiewohl ohne auffällig kontemporäre Ausstattung und Outfit fast zeitlos wirkend, als der letzte Film der Sixties aufgefasst, ein Film, der den Beginn des Independent Cinema anzeige, erstmals wirkliches New Hollywood – so zumindest deutet sein Look an, obwohl es ein Universal Studio-Picture war, mit teils extra angefertigten Automobilen, aber ohne störende Interventionen von Produzenten – jedenfalls “a golden opportunity” und heutzutage unmöglich, so Monte Hellman 2007. Es ist ein Film, der sich bereits jenseits des Mythos von Woodstock, der großen Freiheit und Weite on the road und der Träume von Flower Power aufhält, die in Dennis Hoppers Easy Rider (1969) noch anklingen, jenem Columbia-Erfolgsfilm, in dessen Fahrwasser Hellmans Road Movie – neben Taking Off (Milos Forman), The Last Movie (Dennis Hopper), Diary of a Mad Housewive (Frank Perry) und The Hired Hand (Peter Fonda), alle 1970/71 unter der Leitung des jungen Universal-Executives Ned Tanen produziert – entstehen konnte. Danach war es vorbei mit den Freiheiten. „Das Hollywood-Establishment“, so Oliver Stone, der 1971 sein Filmstudium an der New York University abschloss, „drehte uns einfach den Saft ab.“
Das Road Movie Two-Lane Blacktop lässt sich, in Konsequenz des Spätwestern, als Abgesang sehen; in ihm scheinen Traditionen der US-amerikanischen Geschichte, die eine Geschichte der Bewegung ist, gleichsam zum Stillstand zu kommen beziehungsweise in die aus dem Buddhismus entlehnte Pop-Formel »Der Weg ist das Ziel« zu münden; eine Bestimmung/Destination ist aus den Augen geraten und eine Grenzausdehnung im Sinne des Frontier-Mythos nicht in Sicht, stattdessen ein endloser Wettkampf, eine Fahrt, die nicht weiterbringt, eine Bewegung, die stillsteht. „No longer symbolic of the frontier’s promise of opportunity, to be on the road is to remain uncommitted, free of societal entrapment of assignation.“ (Cagin/Dray, 1984).
Ursprünglich fand sich in dem dreieinhalbstündigen First Cut von Two-Lane Blacktop das ganze etwa hundertseitige Drehbuch des Autors Rudolph Wurlitzer wieder, wie es noch vor der Premiere im April 1971 im „Esquire“-Magazin abgedruckt und als bestes Drehbuch des Jahres gefeiert worden war; das vertragliche Limit für den Final Cut Monte Hellmans lag bei zwei Stunden. Das Skript erklärt nichts, verwendet Fachjargon aus dem Racing-Milieu, es hat die wenigen Dialoge, die stark improvisiert scheinen, wie einen Soundtrack zum Film ausgearbeitet; als Movens der Story sollten sie nicht herhalten. Mit seinen Romanen „Nog“ (1969) und „Flats“ (1971) galt Wurlitzer als einer der bedeutenden Autoren der jungen amerikanischen Literatur; das gemeinsame Faible für Samuel Beckett, dessen „Warten auf Godot“ Hellman Jahre zuvor fürs Theater inszeniert hatte, brachte Autor und Regisseur zusammen.
Low-Key Acting – Driver and Mechanic
„Often casting is a gift of God“ hat William Friedkin einmal bemerkt. Erstaunlich ist Monte Hellmans Auswahl der Darsteller – „I know what I like when I see it“ –, geglückte Entscheidung aus dem richtigen Instinkt: Hellman hatte an die 50 Schauspieler gesehen, darunter de Niro, Pacino, James Caan – den Zuschlag indes bekamen junge Musiker ohne jede Erfahrung Folk-Rock-Singer-Songwriter James Taylor, gerade mal 22, hatte in London bei „Apple“ sein erstes Album (inkl. „Fire and Rain“) aufgenommen, sein Ruhm sollte sich erst in der Mitte der Dreharbeiten einstellen (wenn man erfährt, dass er damals jahrelang mit Heroin zu kämpfen gehabt habe, meint man in Betrachtung der Screentests [siehe DVD-Extras], bei denen ein recht zurückgenommen erscheinender James Taylor von Hellman etwas mühsam zu einem Gespräch über sich animiert werden muss, Wirkungen eines möglichen Drogenentzugs zu erkennen, spürbar als ein nach jedem Statement sich einstellender verdüsternder Rückzug in die Grenzen des eigenen Inneren); Dennis Wilson, 25, Drummer bei den Beach Boys, „Surfin‘ USA“, entstammte einer anderen Szene und war für Hellman als Darsteller ein Idealfall, weil er keinerlei Befangenheit, keine Hemmung gezeigt habe dadurch, dass die Kamera da war, vielmehr völlig mit dem Geschehen in der Szene und den Reaktionen darauf beschäftigt gewesen sei – „He believed everything, what was happening“.
Als Figuren heißen die beiden einfach „Driver“ und „Mechanic“, entsprechend ihrer Funktion auf der Tour, und für beide sollte es ihr einziger Film bleiben. Dazu kam über eine Photo-Model-Agentur ein 17-jähriges Mädchen namens Laurie Bird, nach deren autobiografischen Interviews und Probeaufnahmen Wurlitzer erst den Prototyp für „The Girl“ entwarf, eine Drifting Hipster-Figur, die jene beiden eine Wegstrecke begleitet, worauf Hellman, ohne dass er es zunächst in Betracht gezogen hatte, sie schließlich für die Rolle besetzte. Während der Dreharbeiten soll keiner der Actors je Muster/Dailies gesehen haben, und Hellman sorgte auch dafür, dass sie die Skriptseiten immer nur für den bevorstehenden Drehtag und erst am Tag davor bekamen, das hielte seine Darsteller offen, ganz auf die nächstliegende Szene bezogen, und schließlich wisse man ja im wirklichen Leben auch nicht, was morgen sein wird und worauf etwas hinausläuft.
Performance and Image – Eastward Ho!
Den Non-professionals steht das Western-Phänomen Warren Oates, in den 70er Jahren einer der besten in Hollywood tätigen Schauspieler, der oft als Supporting Actor besetzte „Character Man“ und Kumpel von Sam Peckinpah gegenüber, dessen Charakter, so Hellman, von seiner Rolle kaum zu trennen gewesen sei. Als Einführung teilt er einem Anhalter, den er ein Stück weit auf seiner Tour mitnimmt, erstmal die Leistung seiner Maschine mit, und manch unnachahmlicher Satz aus seinem Mund, mancher Werbeslogan für den American way of life, etwa „Performance and image, that’s what it’s all about“, wird folgen. Dabei spürt man den Abgrund, eine manische Abwehrbewegung gegenüber dem Verfall der persönlichen Lebensentwürfe, die Flucht vor der Bilanzdepression in der Rede dieses All American Straight Guy mittleren Alters, der den Zugang zu seiner introvertiert-empfindsamen Seite hinter einer Macho-Attitude zu verstecken scheint und im Film nur nach seinem 1970er Pontiac G.T.O. benannt ist, einem 6-Liter-8-Zylinder-Geschoss, mit dem er das Cross-Country-Duell gegen den gewaltig hochgetunten 1955er Chevrolet 150 der beiden Jungen aufnimmt, eine in stumpfem Schlachtschiffgrau gestrichene Maschine (einem krassen Gegenstück zum militärischen Camouflage-Anstrich gegenwärtiger Halbweltschlitten übrigens), quer durch die Staaten, Zielort des Rennens: Washington D.C. Mit dem Auto ist man auf der alten Route 66 wie in einer Zeitkapsel unterwegs, nun allerdings: Eastward Ho!
Letzte Cowboys
Hier der donnernde, aufbrüllende Sound des frisierten Chevy-Monsters, spartanisch auf pure Funktion getrimmt, ohne Heizung, der Kofferraum mit Ersatzreifen gefüllt, dort das Kassettenradio in der komfortablen Fahrgastzelle des Pontiac GTO (die Liste des Einsatzes dieses General Motors-Fahrzeugtyps im Film ist übrigens beträchtlich). Die Jungs verdienen ihr Geld, um weiterfahren zu können, bei gelegentlichen offiziellen Wettrennen, mitunter auch illegalen Beschleunigungsrennen, Drag Races. James Taylor und Dennis Wilson sind schweigsame Helden, gleich letzten Cowboys, die Coolness und Klasse besitzen in ihrem extrem reduzierten Acting. Vor allem James Taylor als Driver spielt radikal zurückgenommen, low key, und wirkt gerade darin an Stellen rein physisch hochemotional in seiner Darstellung (Monte Hellman: „I love actors who can act with their backs“).
Die Unfähigkeit, sich auszudrücken, über das Funktionale hinaus zu kommunizieren, führt dazu, dass man einander verfehlt und „The Driver“ das Mädchen einfach abfahren lässt. „Somewhere near Salinas I let her slip away…“ heißt es in dem Song „Me and Bobby McGee“ (1969) von Kris Kristofferson, den Hellman in seinem Film in der Version von Kristofferson, nicht Janis Joplin, eingespielt hat, weil von ersterer mehr Straßengefühl ausgehe (vgl. das Gespräch der beiden in den Extras). Die Experten in Howard Hawks‘ Filmen mögen einem in den Sinn kommen, auch wenn sie vielleicht nicht so cool und lakonisch ihrer Tätigkeit nachgehen wie „Driver“ und „Mechanic“ hier, aber schließlich gehe es doch vor allem, in den Worten Hellmans, um „the pursuit of excellence“, endlos in Konkurrenz und mit sich und der Welt im Kampf um Höchstleistung und Auszeichnung zu sein und seine Profession, seine eigentliche Arbeit, auch wenn sie einen sukzessive vom Leben entfernt, ins Abseits führt und keine Zukunft hat, mit der Liebe, mit Bekenntnis, Hingabe und Austausch nicht vermitteln zu können. Hellman rekurriert hier auf den Einfluss von François Truffauts Tirez sur le pianiste [1960], die frühe Nouvelle Vague, in anderem Kontext auch auf Jacques Rivettes Paris nous appartient [1958-60], einen Film, an dem Hellman vor allem dessen „konnektive Elemente“ hervorhebt, die ausgeprägte Dauer und das spezifische Gewicht, welche Auftritten und Abgängen seiner Personen eingeräumt sind – „I love entrances and exits (…). A Hollywood movie couldn’t support that kind of detail.“
The Girl, mysteriös freibeuterisch, mit hohem Risiko ohne Bindung im Moment lebend, gauklerisch haltlos dahintreibend, eine Verführerin ohne Vorsatz noch Absicht, die doch durch ihre Präsenz alles um sich her verändert und zu Plänen und Aktionen motiviert, schließlich auch das Rennduell mit GTO, die eigentliche Handlung des Films, erst provoziert, sie lässt, als sie sich augenblicklich entschlossen hat, mit einem ihr unbekannten Motorradfahrer mitzufahren, ihr Gepäck einfach an der Straße zurück –solch eine wie nebensächlich wirkende, von Driver und Mechanic durch das Fenster der Raststätte verfolgte Geste, in der eine ungeheure Gleichgültigkeit, eine Verneinung aller Werte sich auszudrückt, müsse wohl gleich einem sozialen Tabubruch, so Hellman, die volle Ablehnung des Universal-Präsidenten (Lew Wasserman) auf sich gezogen haben, der wohl spätestens an dieser Stelle sein Interesse am Vertrieb des Films verloren hatte.
Ganz nebenbei zeigt der Film, wie sich die Fahrer auf der Durchreise durch Staaten mit einer soliden Fremdenfeindlichkeit der Einwohner und deren Hass auf „Hippies“ zurücknehmen und verstellen müssen, sodass sie einmal ein lokales Kfz-Schild abschrauben und bei sich anbringen, um nicht als Menschen from outer state zu großes Misstrauen zu erregen.
Open Space
Nicht genug hervorzuheben ist der von Hellman geliebte offene Raum – in den langen Einstellungen des Films, im TechniScope-Breitwandformat für ein 18mm-Objektiv, aufgrund der größeren Tiefenschärfe ideal für eine entspannte mise-en-scène simultaner Aktion in Vorder- und Hintergrund – etwa als The Girl, Laurie, eingeführt wird, die man draußen hinter der Ladenscheibe der Raststätte einem Van entsteigen und ihr Gepäck zu dem seitlich abgestellten Chevy schleppen sieht – en passant bringt der Kameraschwenk aus dem Innenraum eine Wurlitzer-Music-Box in den Ausschnitt, zeigt dann, wie sich das Mädchen auf der Rückbank des Autos niederlässt, ohne dass dessen Besitzer im Lokal davon etwas bemerken.
Es sei sein einziger Film, in dem die Story Subtext sei, so Hellman, etwa das wechselnde, fantasierende Reden von G.T.O, ein Reden, mit dem dieser unaufhörlich erneuerte phantastische Beweise seiner Existenz zu erfinden scheint; dagegen gesetzt ist der wortkarge Trip der Chevy-Fahrer, und alles nur unterbrochen von Tankstellenstopps, Reparaturen und Übernachtungen, unverändert, Tag für Tag. Schließlich hielt Hellman den Film buchstäblich im Projektor an und zeigte in Zeitlupe, wie das Material schmolz. Obwohl er dieses nachgereichte Ende geträumt habe, so Hellman, wirke die Schusseinstellung des Films, der aufhört wie er angefangen hat, auf ihn doch auch als intellektuelle Idee.
Two-Lane Blacktop, in der Folge seines Drehbuchs von West nach Ost gedreht, zeigt weder eine Grenzausdehnung nach Art einer inneren Expedition noch eine Fahrt-Ziel-Orientierung in moralischer Sicht, begibt sich eher auf eine spirituelle Reise, eine Fortbewegung um ihrer selbst willen. Die Fahrt, also der Film, könnte endlos weitergehen, seine Schönheit als eine Komposition puren Vorwärtsdrangs. Thomas Elsaesser fasste es in seinen „Notes on the Unmotivated Hero“ (1975; 2004) über das „Pathos des Scheiterns“ etwa so: geschützt von der Struktur des Reisemotivs sei hier ein Level an Abstraktion, an dokumentarischem Minimalismus erreicht, das Hollywood bis dahin unbekannt gewesen sei, und auf dem Bilder von einer Energie sichtbar würden, aus welchen sich mitteilt, dass deren Repräsentation mit etwas anderem als symbolischen Obertönen oder metaphorischen Substituten aufgeladen sei.
Hartes Endspiel einer amerikanischen Odyssee
Zwischen dem von Warren Oates verkörperten Mythomanen GTO, einem Fabulierer, der gegenüber den wechselnden Mitfahrern/Zuhörern seine freimütig mitgeteilten Entwürfe zum eigenen Leben, seine Erfolgsstories, ein großes Fiasko der Lüge, immer neu erfindet, und dessen liebenswerte Seite nur schwer über seine düstere Unzugänglichkeit hinwegtäuschen kann, – und seinen jüngeren Kontrahenten der Rennstrecke, Vertretern einer anderen Generation, die streckenweise in katatonische Indifferenz zu verfallen scheinen und Vertraulichkeiten aus dem Weg gehen, ist jeder ehrliche Verständigungsansatz zum Scheitern verurteilt. Als GTO ihm einmal seine traurige Geschichte erzählen will, die wahre Geschichte, entgegnet „the Driver“: ‚Will ich nicht hören‘. Und als Begründung: ‚Das sind nicht meine Probleme.‘ Es bleibt die gemeinsame Faszination der Maschine und der Straße, Voraussetzungen einer ziellosen motorgetriebenen Flucht nach vorn.
„Selten sieht man einen Film, der so ganz und gar bei sich ist“ (Michael Althen, FAZ, 25. April 2002). Nachdem Two-Lane Blacktop den USA angelaufen war, schrieb Siegfried Schober in der „Süddeutschen Zeitung“ (9.Okt. 1971): „Es ist der finale Film der amerikanischen Moderne, das nüchterne, harte Endspiel der amerikanischen Odyssee on the road, eine Desillusion ohne Bedeutungen und Erklärungen: Atemberaubende Kino-Poesie jenseits von Schönheit, Kunst und Abenteuer, aber genau und erfahrungsreich.“
Verschlossene Depots
In der Sequenz, welche die Teilnahme von Driver und Mechanic an einem authentischen Wagenrennen zeigt, dem Lakeland International Raceway, folgt das Teleobjektiv dem Mädchen über das Veranstaltungsgelände; die Motoren dröhnen. Als Laurie am Abend bei knapper Beleuchtung durch die Frontscheibe des abgestellten Chevrolet auf dem Rücksitz gezeigt wird, wie sie abgewandt und ganz mit sich befasst ihre Sachen packt, während The Driver vorn am Steuer vor sich hin schauend lakonisch bemerkt, dass er ein Rennen gegen einen Corvette klargemacht habe – „he’s running fine…“ –, eröffnet sie beiläufig, dass sie Richtung Florida fahren werde. „They’ve got some nice beaches down there…“ – Das Weiß in den Augen des Fahrers leuchtet auf, als er den bis dahin ungerichteten Blick zum Rückspiegel hebt, aus einem Reflex, sie zu sehen, und doch zögernd, um in der möglichen Spiegelungsbegegnung der Blicke nur keine Berührtheit, kein Bedauern, kein Gefühl von sich preiszugeben, und doch zuinnerst erkannt werden will – von dem Mädchen, das womöglich im gleichen Augenblick darauf wartet und im Warten immer zurückgenommener und gleichgültiger schon sich abgelöst zeigt von The Driver, dem ihr Interesse galt, und fortgesetzt blicklos und unbeteiligt die eigenen Dinge von der Rückbank in den Seesack stopft. Ohne Dialog von Belang enthält diese lange Einstellung, in der sich eine vorauseilende Abwehr jeden Bekenntnisses aus Schutz vor Verletzung, auch aus Bindung an die andere Obsession des Racing darstellt, die große Fuge von allem fort, eine hintergründige hochemotionale Begegnung zweier Subjekte und deren abgespaltener, einander verfehlender Wünsche.
Monte Hellman erklärt nichts, rechtfertigt nichts, verurteilt nichts. Sein Film enthält, wie ein Depot, das verschlossen bleibt, eine eingekapselte Sehnsucht, eine nicht ausagierte, unmögliche Liebe, vielleicht eine resistente Verweigerung, eine love story ohne Geschichte; da ist eine versteckte Romantik als konstante Energie anwesend in einer profanen Welt, in der jedes Individuum für sich selbst verantwortlich ist.
Aus den knappen Dialogen prägen sich umso mehr Sätze ein wie „It all feels good, I can take it all the way“ aus dem Mund von James Taylor, als sein Kompagnon ihn auf eine Ablösung am Steuer anspricht, während Laurie Bird von der Rückbank aus Taylor/the Driver die Nackenmuskeln massiert. Und als Warren Oates/GTO gegen Ende ein paar G.I.s mitnimmt, die nach New York wollen, erfindet er eine neue Geschichte von seinem bei einem Cross-Country-Rennen gewonnenen Auto und dessen 390 PS, die in den Worten kulminiert. „Those satisfactions are permanent!“
Erzählen ist Lügen, könnte man am Beispiel von GTO sagen; aber womöglich, so ein Gedanke von Monte Hellman, sollte man das Anreichern einer Geschichte zu dem Zweck, sie für den Zuhörer interessanter zu erzählen, nicht als gelogen betrachten – vielleicht zeige sich darin der Versuch, das Erzählte wahrhaftiger zu machen als die Wahrheit. Am Anfang von „Moon Palace“ (1989) von Paul Auster heißt es an einer Stelle „…mir gefiel der Klang solcher Sätze, auch wenn sie falsch waren“.