Das sehr, sehr finstere Tal
Gleich zu Beginn wird ein idyllisches alpines Familienleben zerstört, als ein junges Mädchen und ihr kleiner Bruder miterleben müssen, wie ihr Vater vom Bürgermeister der nahe gelegenen Ortschaft erschossen wird. Die tödliche Auseinandersetzung, so lässt sich erahnen, hatte mit der Mutter zu tun. Als diese ein paar Jahre später unerwartet ebenfalls stirbt, ist das Geschwisterpaar vollends auf sich allein gestellt. Beide wollen ihren Hof jedoch nicht verlassen und versuchen, den Tod der Mutter zu verheimlichen. Ohne eine beschützende Instanz wird das Mädchen allerdings zum Freiwild für drei Männer aus dem Ort, die es brutal vergewaltigen. Als schließlich eine alarmierte Sozialarbeiterin eintrifft, eskaliert die Situation – aus Angst vor Konsequenzen will das Trio die beiden Geschwister beseitigen, eine erbarmungslose Verfolgungsjagd durch Wald und Gebirge setzt ein …
Das um dunkle Triebe, Schuld und Vergebung kreisende Spielfilmdebüt des Österreichers Markus Blunder – seit den achtziger Jahren im Filmgeschäft, war der gebürtige Kufsteiner unter anderem Kameraassistent bei Hollywood-Filmen wie Enemy Mine oder The Jewel of the Nile – setzt voll auf die Kraft der Bilder (Kamerafrau Reede Morano fing das Geschehen wuchtig auf 35mm und 65mm ein): Autumn Blood, der sich gleichermaßen bei alten Mythen wie beim Western-Genre bedient, kommt fast ohne Dialoge aus. Als Ort der Handlung lassen sich von der Landschaftskulisse und der Architektur her eindeutig die Alpen ausmachen, doch sprechen die Figuren Englisch, und auch in der Ausstattung finden sich kleine „amerikanische“ Details. Dies verstärkt ebenso die Allgemeingültigkeit (und Vermarktungschancen) des Themas, wie das Archaische durch die Namenlosigkeit der Figuren – im Abspann nur als „Mädchen“, „Bürgermeister“ oder „Jäger“ bezeichnet – betont wird.
Neben der Gebirgs- und Waldkulisse dominieren Blicke zwischen animalischem Begehren, Angst und Zögern, die vor allem der Schwede Peter Stormare (Fargo) als Bürgermeister und die Australierin Sophie Lowe als Mädchen gut beherrschen. Ein durchaus ambitionierter Ansatz, der allerdings seine Grenzen darin findet, dass durch den Verzicht auf ausgearbeitete Charaktere der emotionale Aspekt zu kurz kommt und das Geschehen letztlich holzschnittartig wirkt. Autumn Blood weckt jedenfalls Neugier darauf, was Blunder mit einem komplexeren Drehbuch zu leisten imstande sein könnte. Dass er Talent hat, kann man bei aller Fehlerhaftigkeit des Films durchaus erkennen.