Spike Lee lässt auch mit „BlacKkKlansman“ in seinem politischen Engagement nicht locker und wurde dafür in Cannes unlängst mit den Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Ein Gespräch über Wut, Trump und den unermüdlichen Versuch, im Leben das Richtige zu tun.
Spike Lees BlacKkKlansman endet mit den Bildern von Charlottesville: mit dem Tod der 32-jährigen Heather Heyer, den anschließenden gedankenlosen Kommentaren des US-Präsidenten Donald Trump, sowie mit dem Schock und dem Entsetzen, das die Ereignisse bis heute im Betrachter hervorrufen. Geplant war das Ende so nicht, wird Lee selbst nie zu erklären müde, aber letztlich sei es unvermeidlich gewesen, und ein Blick auf die Leinwand bestätigt diese Entscheidung.
Tatsächlich beruht auch BlacKkKlansman auf wahren Begebenheiten, allerdings eher solchen, die so unglaublich – oder um es wiederum mit Lee zu sagen, „real for shit“ – sind, dass sie für das Kino geradezu prädestiniert erscheinen. Erzählt wird die Geschichte von Ron Stallworth (John David Washington), der Ende der sechziger Jahre als erster schwarzer Cop beim Polizeidepartment in Colorado Springs anheuert und bald darauf die Ortsvertretung des Ku-Klux-Klan infiltriert. Während er am Telefon durchaus überzeugend den weißen Rassisten gibt, muss – ausgerechnet – sein jüdischer Kollege Flip Zimmerman (Adam Driver) die Feldarbeit inmitten der Klan-Mitglieder übernehmen. Aber auch der lebt sich bald ein in das harsche Milieu, in dessen Mitte er mit Antisemitismus, Misogynie und Homophobie konfrontiert wird.
Für Spike Lee, den vielleicht heißblütigsten Proponenten des US-amerikanischen New Black Cinema, bietet sich darauf aufbauend genau die richtige Ausgangslage, seinem ewigen Unmut über Rassismus, Hass und Rechtsextremismus erneut Luft zu machen, sowie sämtliche Argumente für ein anklagendes und zugleich unterhaltsames Kino auf neue und über weite Strecken originelle Weise vorzubringen. Denn BlacKkKlansman ist auch ein Film, der von seinen genreverspielten Kontrasten lebt, sowie von den Widersprüchen, die sich daraus ergeben. Und so kühn und klug wie Lees Film zuweilen auf sprachlicher Ebene operiert, um trotz seines unverkennbaren Siebziger-Jahre-Flairs den Bogen zur aktuellen politischen Lage in den USA zu schlagen, gab sich schließlich auch der 61-jährige Regisseur selbst auf der Pressekonferenz, die im Anschluss an die Weltpremiere des Films beim diesjährigen Filmfestival in Cannes stattfand. Mit klaren Äußerungen gegen Trump und für ein politisch engagiertes Künstlerdasein bewies Lee, dass auch der zierliche Mann hinter der Kamera über die Jahre nichts von dem Feuer, der Wut und jener Sturm-und-Drang-Energie verloren hat, die seine filmischen Meilensteine wie Do the Right Thing (1989) oder Malcolm X (1992) einst kennzeichneten.
Mr. Lee, „BlacKkKlansman“ entspricht jener explosiven Mischung aus Ernst und Unterhaltung, die man von einem „Spike Lee joint“ erwartet. Was muss ein Film noch haben, um dieser Bezeichnung gerecht zu werden?
Na ja, sagen wir einmal so: Gute Musik, Kameraführung, Schnitt, Kostümdesign, das muss alles stimmen, so wie die Geschichte, die erzählt wird. Und es gehört immer auch ein gewisser Humor dazu – wobei ich bewusst das Wort Humor verwende. Es gibt ja auch in BlackKklansman einiges zu lachen, und das ist so gewollt. Auch wenn das Thema an sich todernst ist. Allerdings bin ich auch nicht der erste, der Humor auf diese Art und Weise einsetzt. Zwei meiner Lieblingsregisseure haben es vorgemacht: Stanley Kubrick in Dr. Strangelove und Sidney Lumet in Network. Aber es gibt noch mehr Beispiele. Denken Sie nur an Elia Kazans On the Waterfront oder Billy Wilders Stalag 17. Auch darin gibt es richtige Lacher – und zwar bessere als in Hogan’s Heroes. Also, ich will damit sagen, ich habe diese Art Subgenre nicht erfunden. Aber wenn man sich dem verschreibt, kommt es darauf an, die richtige Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit zu finden. Denn mit dem Gleichgewicht ist es beim Film wie in der Physik: Ohne Gleichgewicht funktioniert es nicht.
Kann Humor die Wut im Bauch anstacheln?
Das ist ein gutes Stichwort. Lassen Sie uns einen Moment über Wut reden. Immerhin werde ich seit Jahren als der kleine, zornige schwarze Mann abgestempelt. Fast so, als hätte ich eigentlich gar keinen Anlass, mich über irgendetwas aufzuregen. Dabei genügt ein Blick auf die Geschichte. Die Vereinigten Staaten von Amerika, das gesamte Fundament, auf dem dieses Land aufgebaut ist, basiert auf Völkermord und Sklaverei. Allein das ist doch Grund genug, wütend zu sein. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich, Spike Lee, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr in einem permanenten Zustand der Erregung durch die Welt marschiere. Trotzdem lese ich es immer wieder: „Spike Lee, hitzig, wütend, schwarz.“ Das nervt manchmal ganz schön. Aber ich gehe nicht automatisch auf Konfrontationskurs, wenn ich in ein Gespräch hineingehe. Ebenso wenig, wie ich es in der Pressekonferenz darauf angelegt habe, mich in Rage zu reden. Nur manchmal geht es nicht anders. Das, was ich gesagt habe, kam von Herzen. Sowas kann man nicht planen. Das kommt spontan.
Es ist schon erstaunlich, wie relevant Ihr Film und die Geschichte, die Sie darin erzählen, für die heutige Zeit ist.
So erstaunlich ist das nicht, wenn Sie da stehen, wo ich stehe. Wenn man als Farbiger in Amerika lebt, ist man mit dieser Art von Hass bestens vertraut. So ist es schon immer gewesen. Aber ich verstehe natürlich, worauf Sie hinauswollen. Und ich würde den Blickwinkel gerne noch ein bisschen weiten. Denn mein Wunsch ist, dass die Zuschauer, die den Film sehen, das, was darin beschrieben wird, durchaus als ein globales Problem verstehen. Ein Problem, das über die Grenzen Amerikas weit hinausgeht. Zumal der Zuwachs der Rechten nicht nur diesem Typen im Weißen Haus geschuldet ist. Es passiert überall auf der Welt.
Wie hätte der Film geendet, wenn Charlottesville nicht passiert wäre?
Wir hatten natürlich unser eigenes Ende. Die letzte Szene war so geplant: Es klopft an der Tür, woraufhin Ron und Patrice sich überrascht anschauen und ihre Waffen ziehen. Als sie langsam den Korridor entlang gehen, sehen sie durchs Fenster in der Ferne ein brennendes Kreuz – und auch das sollte bedeuten: Es ist längst nicht vorbei. Doch dann kam Charlottesville. Damals waren wir bereits im Schneideraum. Was dort passiert ist, durften wir nicht ignorieren. Und dann haben sich plötzlich alle ganz von selbst in den Film eingeschrieben: David Duke, der Typ im Weißen Haus, die ganzen terroristischen Gruppen. Das haben sie sich alle selbst zuzuschreiben. Wie gesagt, wir hatten unser Ende.
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