Porträt eines Gnadenhofs und seiner höchst engagierten Betreiber
Jan Gerdes führte einen Bauernhof, den man gemeinhin als typischen Familienbetrieb bezeichnen würde. Im hohen Norden Deutschlands, in Niedersachsen, übernahm er von seinem Vater ein Anwesen, auf dem er mit einigen Dutzend Kühen Milchwirtschaft betrieb. Obwohl Gerdes zu jenen Landwirten zählt, dem seine Tiere am Herzen liegen und er bei deren Haltung weit mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Standards erfüllte, sah er sich der Tatsache gegenüber, dass das Leben seiner Kühe alles andere als artgerecht verlief. Der immer stärkere ökonomische Druck, dem auch kleine und mittelständische Betriebe zunehmend ausgesetzt waren, forderte seinen Tribut. „Ich habe die Kühe als Produktionsmittel angesehen, für mich waren sie wie Maschinen“ merkt Jan Gerdes selbstkritisch an, wenn er auf diese Zeit zurückblickt. Und weil er sich dabei zusehends mies fühlte, krempelte er sein Leben um und kehrte dieser Form der Landwirtschaft den Rücken zu. Doch seinen letzten zwölf Kühen wollte er das Schicksal des Schlachthofs ersparen, also beschloss er, ihnen auf seinem Anwesen einen Platz zu geben, wo die Tiere bis ans natürliche Ende ihres Lebens verbleiben können. Das war der Ausgangspunkt für jenes Projekt, dem sich Jan Gerdes seit mittlerweile knapp zwei Jahrzehnten verschrieben hat, nämlich Hof Butenland als „Kuhaltersheim“ – wie ein Schild an der Hausmauer verkündet – zu führen, wo mittlerweile rund vierzig Rinder keinem ökonomischen Zweck mehr dienen müssen, sondern einfach „Kuh“ sein und ihr Leben genießen dürfen.
Marc Pierschel porträtiert Jan Gerdes sowie seine Mitstreiterin und Lebenspartnerin Karin Mück – die Tierschutzaktivistin befreite bereits in den achtziger Jahren einige der bei Tierversuchen gequälten Kreaturen aus Forschungseinrichtungen –, die mit Butenland nicht nur einfach einen Gnadenhof betreiben, sondern im Rahmen ihres Projekts die Beziehung Mensch-Tier auf eine ganz andere Basis zu stellen versuchen. Dass dabei die vorherrschende ökonomische Logik, die Tiere eben primär als Produktionsmittel betrachtet, gehörig hinterfragt werden muss, erscheint nur folgerichtig. Jan Gerdes agiert dabei – und das macht den Mann so sympathisch und besonders glaubwürdig – nicht mit dem erhobenen Zeigefinger moralischer Überlegenheit.
Pierschels wunderbar unaufgeregte, aber gerade deshalb nachdenklich machende Dokumentation zeigt mit Gerdes einen Menschen – und mittlerweile sind, wie Butenland auch deutlich macht, etliche Unterstützer dazugekommen –, der sich einfach dazu entschlossen hat, die Welt im Rahmen seiner Möglichkeiten ein kleines Stück besser zu machen und nicht zu bejammern, dass er das System nicht im Alleingang komplett zu kippen vermag. Eine Maxime, die, auch wenn sie zunächst höchst simpel klingt, durchaus zur Nachahmung geeignet scheint.