Jennifer Aniston

Filmkritik

Cake

| Marietta Steinhart |
Bedrückend banale Wohlfühl-Übung

Wir lernen Claire (Jennifer Aniston) kennen als sie wegen eines sarkastischen Kommentars aus ihrer gefühlsduseligen Selbsthilfegruppe für Patienten mit chronischen Schmerzen geschmissen wird. Sie ist so zynisch, selbst jene, die dafür bezahlt werden fürsorglich zu sein – ihre Physiotherapeutin und ihre Hausangestellte – können es nicht ertragen, in ihrer Nähe zu sein. Allmählich erfahren wir, dass ein Autounfall nicht nur ihren Körper verstümmelte, sondern auch ihren Sohn tötete. Jetzt lebt sie in einer Abhängigkeit von rezeptpflichtigen Schmerzmitteln und einem Dunst von Selbstmitleid. Die Krönung ist Claires Faszination für den Freitod von Nina (Anna Kendrick), einer jungen Frau aus ihrer Gruppe, die ihr als spöttischer Geist in Erscheinung tritt. Claires hartnäckigste Stütze ist die mexikanische Haushälterin Silvana (die großartige Adriana Barraza aus Babel), die sie mit einer Mischung aus herrischem Temperament und apologetischer Abhängigkeit behandelt. Die Beziehung zwischen der in Los Angeles ansässigen, privilegierten Herrin und der unterbezahlten, gutmütigen Einwanderin mit einer mürrischen Beziehung zum amerikanischen Traum, ist es auch, die dem Film seine raren authentischen und rührend komischen Momente schenkt.

Der Tod eines Kindes ist ein beliebtes Mittel den emotionalen Einsatz einer Erzählung zu erhöhen, allerdings ist Cake, von Regisseur Daniel Barnz und Autor Patrick Tobin, emotional weniger resonant als der Film sein möchte und überbestimmter als er unterhaltsam ist. Es ist unmöglich nicht zu sehen, was als nächstes passiert. Phantasielos wird es auch dann, wenn Claire Ninas schönem verwitweten Ehemann (Sam Worthington) und deren Sohn begegnet. Wer jetzt noch eine Anleitung braucht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Aniston kämpfte mit ihrer Oscarkampagne hart um einen Platz an der Seite ihrer preisgekrönten Kollegen, doch eine Schauspielerin nur für ihren „Mut zur Hässlichkeit“ – für ihre fettigen Haare und Narben im Gesicht – zu honorieren war offenbar auch der Academy zu obszön. Es ist eine Leistung, die gerne als „couragiert“ bezeichnet wird und sehr solide anmutet, ähnlich wie die jüngste Rolle von Reese Witherspoon in Wild, aber Anistons Ambitionen versumpern bedauerlicherweise in einer öden Wohlfühl-Übung. Das verschenkte Ensemble mit seinen unverwirklichten Nebenplots (darunter auch Felicity Huffman und William H. Macy) komplettiert die Tragödie. Am Ende gibt es dann einen symbolkräftigen Kuchen, um den Titel auch irgendwie rechtfertigen zu können.