Eine ebenso unwitzige wie langwierige Zeitreisen-Pseudokomödie
Dass man alles noch einmal ganz genau so machen würde, gehört zu jenen Konstrukten des Trostes, die helfen, sich die Welt und das eigene Leben schön zu lügen. Denn was wäre schließlich schlimmer, als auf die Frage, ob man im Falle einer zweiten Chance alles noch einmal ganz genau so machen würde, antworten zu müssen: Auf gar keinen Fall!? Wobei es sich bei „alles“ meist um die Liebe handelt, weil mit der Liebe bekanntlich das Unglück beginnt.
Camille Vaillant, die Heldin des Films Camille redouble, den Hauptdarstellerin und Regisseurin Noémie Lvovsky sich selbst auf den Leib geschrieben hat, wird nach 25 Jahren Ehe von ihrem Mann Eric verlassen. Einer Jüngeren wegen, freilich. Was Camille, ebenso freilich, in Unglück und Suff stürzt. Und als sie eines Neujahrsmorgens aus ihrem Vollrausch erwacht, findet sie sich – man weiß nicht wie und wird es auch nicht erfahren – ins Jahr 1985 zurückversetzt. In wenigen Tagen wird Camille 16 Jahre alt werden, sie wird sich in Eric verlieben, sie wird schwanger werden, ihre Mutter wird sterben.
Camille hat also alle Hände voll zu tun, will sie in der Vergangenheit dafür sorgen, dass ihre Gegenwart sich zum Besseren ändert. Doch wie nicht anders zu erwarten, die Vergangenheit sträubt sich. Der Regiekunstgriff von Camille redouble besteht darin, dass die 49-jährige Lvovsky kurzerhand auch die 15-jährige Camille spielt; sie wirft sich in die Klamotten, die Teenager Mitte der Achtziger nun einmal getragen haben, und legt los. Der Widerspruch zwischen der äußeren Erscheinung
einer gestandenen Frau, die von ihrer Umgebung als junges Mädchen wahrgenommen wird – ein Widerspruch, der wiederum den Kontrast von Eigen- und Fremdwahrnehmung illustriert – ist zu Beginn recht lustig und eine Weile lang ganz reizvoll. Dann aber läuft sich der Witz tot, weil die Handlung, der er dienen soll, auf der Stelle tritt, weil Camille sich nicht für oder gegen ihre Vergangenheit beziehungsweise Teile derselben (und wenn ja, welche?) entscheiden kann.
Ebensowenig wie sich der Film zwischen Drama und Tragikomödie entscheiden kann. Und, noch entscheidender, nicht zum Ende findet. Viel zu lange also schaut man gezwungenermaßen der allgemeinen Unentschlossenheit zu. Nur um am Ende mit oben erwähntem, harmonieseligem Gemurkse abgefertigt zu werden. Camille lässt tatsächlich ihre zweite Chance ungenutzt, sie macht den ganzen Scheiß noch einmal.