Being Giacomo Casanova
Schon zu Lebzeiten eine Legende, bietet die Biografie des legendären italienischen Verführers und Schriftstellers Giacomo Casanova (1725–1798) bis heute Stoff für Opern, Romane und Filme. Dabei steht allerdings nicht immer der Liebhaber in der Blüte des Lebens im Mittelpunkt: In Schnitzlers Novelle „Casanovas Heimkehr“ etwa ist der alte Abenteurer vom Leben schon ordentlich desillusioniert. Und auch in Michael Sturmingers 2011 uraufgeführter Kammeroper „The Giacomo Variations“, die Passagen aus Mozart-Opern mit Textpassagen kombiniert, ist Casanova müde geworden. John Malkovich spielte die Rolle unter viel Applaus in Häusern von Wien bis New York, wobei er sich die Bühne mit klassischen Sängern teilte. Die sagenumwobene Vita Casanovas mit den Mozart/da Ponte-Opern kurzzuschließen, macht Sinn, werden dort doch mit Sinnlichkeit und Witz ebenfalls Triebes- und Liebeswirren thematisiert, zudem waren da Ponte und Casanova befreundet. Für seinen Film Casanova Variations schwebte Sturminger mehr vor als bloß die Aufzeichnung eines musikalischen Theaterabends und so spielt sich das Geschehen auf mehreren Ebenen ab: Die „historische“ thematisiert einen Besuch Elisas (Veronika Ferres) bei Casanova, der als Bibliothekar auf Schloss Duchcov arbeitet und dort seine Memoiren zu Papier bringt. Elisa interessiert sich sehr für das Manuskript, doch für Casanova stellt sich die Frage, ob es sich für einen Gentleman geziemt, eine Biografie voller Indiskretionen zu veröffentlichen. Dann gibt es die Ebene einer szenischen Aufführung des Stücks in Lissabon, bei der die Illusion des Bühnengeschehens des Öfteren in die Reihen des Publikums eindringt. Und schließlich wird – Being John Malkovich lässt grüßen – auch noch ein Blick hinter die Kulissen geworfen, wo Malkovich wechselweise von Groupies belästigt wird oder eine Filmproduzentin ihn wissen lässt, dass das Stück nicht zur Verfilmung tauge. Unter den vielen Themen, die der Film anschneidet – amüsant etwa die Seitenhiebe auf ein eventhungriges Publikum, das weniger an der Kunst des Gebotenen interessiert zu sein scheint, als vielmehr daran, einen Hollywoodstar mittels Smartphone zu fotografieren – sind es vor allem die Fragen nach Selbst- und Fremdbild, die im Gedächtnis bleiben. Dynamisch baut sich das filmische Experiment zunächst auf, trägt jedoch möglicherweise nicht über seine volle Laufzeit (so stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der „historischen“ Ebene jenseits von Ausstattungskino, da sie ebenso distanziert präsentiert wird wie die Theaterebene). Jederzeit ein Trumpf sind die gute Kameraarbeit und natürlich die unsterbliche Musik.