ray Filmmagazin » Dokumentarfilm » D.U.D.A! Werner Pirchner

Filmkritik

D.U.D.A! Werner Pirchner

| Andreas Ungerböck |
Liebevolle dokumentarische Hommage an einen großen Komponisten und Musiker

Hinter dem leider ein wenig kryptischen Titel verbirgt sich eine Anspielung auf Der Untergang des Abendlandes, jenen hinterfotzigen 30-minütigen Film aus dem Jahr 1974, zu dem Werner Pirchner (1940–2001) nicht nur Texte und Musik beisteuerte, sondern in dem er auch die Hauptrolle spielte. Regisseur und Kameramann dieser „satirischen Beobachtung Tiroler Brauchtums und seiner strengen Hüter“ (ORF) war Christian Berger. Im Jahr zuvor hatte der begnadete Komponist und Musiker Pirchner, übrigens Autodidakt, mit seinem ersten Werk „Ein halbes Doppelalbum“ einen fulminanten Erfolg gefeiert. Die LP versammelte Musik zwischen der so genannten Volksmusik und Jazz, zwischen Zwölftonmusik und Bachschen Chorälen und bitterböse Texte zu Tiroler „Brauchtumspflege“ und katholischer Frömmelei, Krieg und Militarismus. Trotzdem oder deswegen platzierte sie sich auf dem achten Platz der österreichischen LP-Charts, was man, wenn man sie heute hört (und das sollte man!), gar nicht fassen kann.

Wie auch immer, diesem mutigen Tiroler, der 2001 viel zu früh, wie das so resignierend heißt, verstarb, ist Malte Ludins Dokumentarfilm gewidmet, vom Regisseur gleich zu Anfang treffend als „Hommage“ charakterisiert. Ludin, der Werner Pirchners Musik u.a. in seinem Film Zwei oder drei Dinge, die ich von ihm weiß (2005) einsetzte, begibt sich ins Heilige Land Tirol, lässt allerlei prominente Freunde, Verehrer, Musikerkollegen und Wegbegleiter (von Christian Berger über André Heller, Josef Hader,
Erwin Steinhauer und Felix Mitterer bis hin zu Tobias Moretti) zu Wort kommen. Dabei entsteht allmählich ein stimmiges Bild des Künstlers. Bei langen Autofahrten sehen wir den Glanz der landschaftlichen Schönheiten Tirols, aber auch die Verwüstungen, die Verbauung, Tourismus und Industrialisierung angerichtet haben.

Das größte Verdienst Ludins ist, so viel wie nur irgend möglich vom musikalischen Genie Werner Pirchners, der leider nur in einem kleinen Ausschnitt selbst zu Wort kommt, in den Film hineingepackt zu haben, sodass die Tagline „Ein musikalischer Dokumentarfilm“ mehr als gerechtfertigt ist. Was Pirchner geleistet hat, zwischen E und U (ironischer Plattentitel: „EU“), zwischen Klassik und Jazz, Orchester-, Film- und Bühnenmusik („Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter“!), ist wahrhaft beeindruckend, vom bis heute verwendeten Sounddesign für Ö1 (Jingles und Signations) einmal ganz abgesehen. Eine Gesamtausgabe von Pirchners Werk steht leider noch aus. Dank Internet kann man sich immerhin an Schnipseln und Ausschnitten erfreuen – und jetzt auch an Malte Ludins Film.