„Dallas Buyers Club“ wird von großartigen Schauspielerleistungen getragen.
Als Ron Woodroof aus der Zeitung davon erfährt, dass Rock Hudson an AIDS gestorben ist, ist er, wie nicht wenige andere auch, überrascht. Sich den Schwiegermuttertraum als Homosexuellen vorzustellen, will ihm nicht so recht gelingen. Ebensowenig wie es ihm wenig später, nach einem körperlichen Zusammenbruch, gelingen will, die Diagnose zu akzeptieren, die ihm ein Arzt des Dallas Mercy Hospital stellt: Er sei mit dem HI-Virus infiziert, leide an zahlreichen Symptomen der Immunschwächekrankheit AIDS und habe gerade mal noch 30 Tage zu leben. Er! Woodroof! Der Hengst! Der Vollblut-Macho mit den dicksten Eiern weit und breit! Er, der die Männer unter den Tisch saufen und die Frauen in die Ohnmacht vögeln kann – ausgerechnet er soll an der Schwulenseuche sterben? Das könne gar nicht sein, so Woodroof, denn schließlich sei er nicht schwul. Er bäumt sich auf. Aus seinem Aufbäumen wird Widerstand. Und aus diesem Widerstand wiederum ein Kampf, der Woodroof unvermutete Allianzen eingehen und sich mit mächtigen Gegnern anlegen lässt.
Angesiedelt Mitte der achtziger Jahre in Dallas, Texas, erzählt Dallas Buyers Club von Jean-Marc Vallée eine wahre Geschichte aus düster-traurigen Zeiten. Der sich epidemisch ausbreitende HI-Virus war kaum erforscht, die Wissenschaftler rätselten, (nicht nur) homosexuelle Menschen starben wie die Fliegen, Gerüchte schossen ins Kraut, Vorurteile verstärkten sich. Nicht zuletzt, weil die Politik kein Interesse daran zeigte, den Betroffenen zu helfen – weder wurden ausreichend Forschungsmittel bereitgestellt noch die Regularien für die Zulassung von Medikamenten geändert –, kam die Diagnose AIDS damals einem Todesurteil gleich.
Ron Woodroof, ein Elektriker aus einfachen Verhältnissen, der der Krankheit schließlich 1992 erliegen wird, erfährt all dies am eigenen Leib. Von seinen panisch reagierenden „Freunden“ im Stich gelassen, ist er bei seiner Suche nach Hilfe auf sich allein gestellt. Um als Testperson in eine Studie aufgenommen zu werden, in der das zur damaligen Zeit einzige legale Medikament, AZT, erprobt wird, ist er bereits viel zu krank. Doch in Mexiko finden sich alternative Medikamente, die ihm helfen. Da sie in den USA nicht zugelassen sind, schmuggelt der so einfallsreiche wie geschäftstüchtige Woodroof sie in größeren Mengen über die Grenze und vertreibt sie an weitere Hilfesuchende. Im Zuge dieses Unterfangens freundet er sich zu seiner eigenen Überraschung mit dem transsexuellen Rayon an, gemeinsam gründen sie den „Dallas Buyers Club“, über den sie die „illegalen Drogen“ in einer legalen Grauzone vertreiben. Selbstverständlich gerät dies alsbald ins Visier der FDA (Food and Drug Administration), die, damit ganz im Sinne der Pharmaindustrie handelnd, nichts unversucht lässt, dem Selbsthilfeunternehmen einen Riegel vorzuschieben. So wird aus einem homophoben Proleten ein informierter Aktivist, der an der Seite schwul-lesbischer Verbände für Patientenrechte eintritt.
Dallas Buyers Club – den Vallée nach einem Drehbuch von Craig Borten und Melisa Wallack schwungvoll und unsentimental inszeniert hat und der derzeit mit Nominierungen und Auszeichnungen nur so überschüttet wird – bedient jedoch nicht nur das klassische Narrativ der Läuterung vom Saulus zum Paulus. Ebenso wichtig ist jenes von David gegen Goliath, in dem der vermeintlich schwache Einzelne sich von den Mächtigen nicht einschüchtern lässt, aus der Auseinandersetzung Stärke bezieht und dem es schließlich gelingt, die Verhältnisse zu verändern. Es ist immer herzerwärmend, dergleichen zu sehen. Umso mehr aber, als Matthew McConaughey und Jared Leto in den Rollen von Woodroof und Rayon mit vollem Körpereinsatz und sichtlichem Enthusiasmus bei der Sache sind.
Mit ihren von Emphase getragenen, differenzierten Porträts zweier nicht umkomplizierter Charaktere sorgen die beiden Schauspieler dafür, dass der Film seine Erdung nie verliert. Gemeinsam verwurzeln sie ihn in Menschlichkeit und Solidarität. In ihrem Zusammenspiel vermitteln sie, wovon Dallas Buyers Club eben auch, und nicht zuletzt, handelt: wie schön es ist zu leben und wie glückbringend Freundschaft ist.