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Darkest Hour

Die dunkelste Stunde / Darkest Hour

| Jörg Schiffauer |

Ein Biopic widmet sich Winston Churchill

Der im Titel apostrophierte Zeitpunkt bricht für das Vereinigte Königreich – und die Welt – im Mai 1940 an, als die Truppen Nazi-Deutschlands ihren Feldzug zur Eroberung Frankreichs beginnen. Der Schock über diese Entwicklung löst in Großbritannien ein politisches Erdbeben aus, denn Premierminister Neville Chamberlain, dessen Appeasement-Politik gegenüber Hitler grandios gescheitert ist, steht vor dem Sturz. Die oppositionelle Labour-Partei bereitet einen Misstrauensantrag vor, der mit ziemlicher Sicherheit eine Mehrheit im Parlament finden würde. Um seiner Absetzung zuvorzukommen berät sich Chamberlain (Ronald Pickup) mit einigen engen Parteifreunden aus dem inneren Kreis der Tories, wen man in dieser prekären Situation als Regierungschef präsentieren könnte. Der designierte Nachfolger wäre eigentlich Lord Halifax (Stephen Dillane), doch der will aus taktischen Gründen vorerst nicht das Amt antreten. Schließlich einigt man sich ein wenig widerwillig auf Winston Churchill, einen erfahrenen Politiker, der jedoch wegen seiner Eigenwilligkeit selbst unter Parteifreunden als kontroverse Figur gilt. Doch weil er der einzige Kandidat ist, der auch von der Opposition akzeptiert werden könnte, stimmt man schließlich zu.

Als Winston Churchill (Gary Oldman), der den Posten des Premierministers schon lange angestrebt hat, die Nachricht seiner Nominierung bekommt, weiß der Mann, der alle Schachzüge und Ränkespiele des politischen Geschäfts kennt, dass ihn der kleinste Fehler sehr rasch sein Amt kosten könnte. Doch er ist wild entschlossen, seine ureigenste Überzeugung, dass man Diktatoren wie Hitler kompromisslos entgegen treten muss, konsequent durchzusetzen.

Winston Churchill zählt ganz gewiss zu den großen Staatsmännern des 20. Jahrhunderts, allein deswegen, weil er sich eben mit aller Macht den Nazis entgegenstemmte als viele dachten, niemand sei in der Lage, deren Kriegsmaschine zu stoppen. Einem solchen Mann das sprichwörtliche filmische Denkmal zu setzen, ist also ein durchaus nahe liegendes und löbliches Unterfangen.

Regisseur Joe Wright macht gleich von Anfang an klar, wie das in Darkest Hour aussehen wird. Um Churchill zu charakterisieren greifen Wright und sein Drehbuchautor Anthony McCarten auf sattsam bekannte Klischees zurück, die sich opulent in Szene setzen lassen: Churchill ist also zunächst der kauzige Exzentriker, der sich das typische englische Frühstück servieren lässt und die erste dicke Zigarre schon raucht, während er fettigen Speck und Eier im Bett sitzend verdrückt. Seine neue Sekretärin Elizabeth Nell (Lily James), übrigens ebenfalls eine historisch verbürgte Figur, die ihren Dienst antritt, bekommt rasch die Marotten ihres neuen Chefs zu spüren – besonders einzeilige Abstände auf der Schreibmaschine mag er gar nicht.

Darkest Hour konzentriert  sich auf die wenigen Wochen von Winston Churchills erster Amtszeit als Premierminister, als die Wehrmacht mit ihrem Blitzkrieg Frankreich überrannte, und hunderttausende Männer des britischen Expeditionskorps in Dünkirchen eingeschlossen waren. Churchill stand also gleich vor Entscheidungen, die im wahrsten Sinn des Wortes für viele Menschen lebenswichtig waren. Dass nicht wenige seiner Landsleute, darunter besagter Lord Halifax, die einzige Chance für den Fortbestand Großbritanniens in Verhandlungen mit Hitler-Deutschland sahen, machte die Sache für Churchill noch schwieriger. Der bekanntlich gegen alle Widerstände zu einem der entschiedensten Widersacher Hitlers werden sollte. Genügend Stoff für ein veritables Drama vor einem historischen Hintergrund, sollte man also meinen.

Das alles handelt Darkest Hour pflichtgemäß ab, doch Joe Wright begnügt sich damit, geschichtliche Zusammenhänge größtenteils auf eine Aneinanderreihung griffiger Anekdoten zu reduzieren. Seine Inszenierung präsentiert sich über weite Strecken als statisches Stehtheater, das den Figuren kaum näher kommt und auf die Schauwerte mittels opulent-dekorativer Ausstattung und Kostüme beschränkt bleibt.

Man bedauert in jenen Szenen, in denen Churchills Standhaftigkeit und Prinzipientreue im Fokus steht, dass dem großen Staatsmann kein besseres filmisches Forum geboten wird, um Haltung zu zeigen. Dass man seinen Prinzipien treu bleibt, nicht mit jedermann verhandelt und Koalitionen nicht um jeden Preis schließen sollte, darüber lohnt es sich gerade heute, zumindest kurz nachzudenken.

 

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