ray Filmmagazin » Filmkritiken » Das Licht, aus dem die Träume sind

Filmstart

Das Licht, aus dem die Träume sind

| Alexandra Seitz |
So pathetisch sein Titel, so lebendig, unkitschig und gutgelaunt der Film.

Der Besuch eines Kinos kommt für einen Angehörigen der Kaste der Brahmanen nur in Frage, wenn das gezeigte Werk mit einem angemessenen Thema aufwarten kann. Ein Film über Kali, zu dem die ganze Familie ins im nächsten Ort gelegene Galaxy geht, bietet eine dieser raren Gelegenheiten – bei welcher sich der achtjährige Samay in die siebte Kunst verliebt. Vater Bapuji sieht das mit Missfallen. Der Rohrstock ist fortan nicht weit, wenn der Sohn sich mal wieder einer kinobezogenen Verfehlung schuldig macht. Dabei aber ist der Bub ungeheuer fantasievoll und erfindungsreich. Dergestalt, dass in einer Ruine im benachbarten Geisterdorf mit der Zeit ein Kino entsteht, das Samay gemeinsam mit seinen gleichfalls nicht auf den Kopf gefallenen Freunden bastelt, inklusive Projektor und Live-Vertonung. Da fällt schließlich sogar Bapuji der Rohrstock aus der Hand.

Der Verleih bewirbt Last Film Show, eine indisch-französische Koproduktion, die Pan Nalin in seiner Heimatregion Kathiawad in der Provinz Gujarat gedreht hat, als „Cinephilgood-Drama“. Eine Wortschöpfung, die der Sache – Nalins autobiografisch geprägter Rückschau auf seine cinephile Sozialisation – durchaus gerecht wird. Und Drama deswegen, weil gegen Ende die Digitalisierung auch im Galaxy Einzug hält. Im Zuge dessen kommt es zu Szenen, die niemanden kalt lassen, der sich noch an das sanfte Rattern aus den Vorführräumen erinnern kann: Als nämlich der entsetzte Samay den Lastwagen, auf dem Projektor und Filmrollen aus dem Kino abtransportiert werden, bis in die nächste Großstadt verfolgt; und dort in einem Recycling-Hof die Vorschlaghämmer gnadenlos auf die alten, verdienten Maschinen niedergehen und die Filmrollen in riesigen Bottichen eingekocht werden. Der Projektor wird sich in billige Löffel verwandeln und die Filmrollen in Armreifen aus Plastik. Aus der Zauber, willkommen schöne neue Welt!

Last Film Show handelt von der Freude am Geschichtenerzählen mittels Bildern, die durch das Licht zum Leben erweckt werden; und die Fabulierlust ist es demnach auch, der die Dramaturgie gehorcht. Episodisch und farbenprächtig geht es über Stock und Stein, allzeit bereit, sich von neuen Einfällen auf Nebenpfade lenken zu lassen. Kaleidoskopartig setzt sich so schließlich eine das Pathos nicht scheuende Ode an die analoge Vorführtechnik zusammen, in der sich zugleich eine tief empfundene Liebe zur Filmkunst ausdrückt.