Zu den Waffen! Die Großmutter aller Selbstjustiz-Thriller ist wieder da.
Besser hätte auch die National Rifle Association einen 108-minütigen Werbespot nicht hingekriegt: Regisseur Eli Roth hat sich Michael Winners skandalumwittertes Death-Wish-Original von 1974 (siehe den ausführlichen Text in „ray“ 03/18) vorgeknöpft und mit Bruce Willis neu verfilmt. Das ist die erste nicht so gute Idee, denn Willis ist als Action-Held so kodiert, dass man ständig an andere Filme mit ihm denkt, während man gleichzeitig feststellen muss, dass sein restliches schauspielerisches Repertoire (wenn es etwa darum geht, Trauer, Nachdenklichkeit, Müdigkeit darzustellen) doch recht begrenzt ist. Ein anderer, weniger „verbrauchter“ Darsteller wäre da vielleicht besser gewesen. Die zweite nicht so gute Idee ist, dass man den offenkundigen Budget-Unterschuss dadurch noch deutlicher macht, dass es in ganz Chicago, der „Stadt des Todes“ (so ein Radiomoderator im Film; 1974 war noch New York der Sündenpfuhl), offenbar nur ein einzigen Unfallchirurgen und genau zwei Kriminalbeamte gibt.
Wie auch immer: Besagter Chirurg Dr. Paul Kersey (1974 war Charles Bronson Architekt) hat eine putzige Tochter namens Jordan (benannt nach Michael Jordan), die bald aufs College gehen wird, und eine patente Frau, aber leider nicht lange: Drei ins schmucke Haus einbrechende Männer erschießen die Frau und verletzen Jordan so schwer, dass sie ins Koma fällt. Immerhin: Die quälend sadistische Vergewaltigung aus dem Originalfilm erspart uns Roth dankenswerterweise. Es ist auch so schlimm genug. Fürderhin folgt der Film seinem Vorgänger relativ eng: Polizei bietet sich als Problemlöser an, Polizei ist überlastet, Polizei versagt, trauriger/wütender Vater/Ehemann nimmt die Sache selbst in die Hand. Vor einem Waffenkauf scheut Kersey zunächst noch zurück, aber als er auf eher abstruse Weise zu einer Waffe kommt, benutzt er sie bald auch. Zunächst müssen zwei Autodiebe eher zufällig dran glauben, dann ein Drogendealer, der auch Kinder terrorisiert, aber bald schon ist der Wut-Bürger auf der richtigen Fährte zu den Männern, die seine Familie auf dem Gewissen haben. Als „Grim Reaper“ von Chicago geht er in die sozialen Netzwerke ein, in Radio und Fernsehen wird heftig diskutiert, ob man das Gesetz so einfach in die eigenen Hände nehmen darf. Das ist aber auch schon die einzige Form der Reflexion zu einem komplexen Thema, die sich der Film leistet.
Auch wenn es ganz bestimmt noch schlimmer bzw. reaktionärer hätte kommen können – die Aussage des Films ist dennoch ziemlich klar: Auge um Auge, Zahn um Zahn, und wenn dir Gott nicht hilft, hilf dir selbst. Und übrigens: Guns don’t kill people, people kill people. Die NRA wird ihre Freude mit Death Wish haben, vor allem mit der reichlich plumpen Rede, die Kerseys Schwiegervater nach dem Begräbnis seiner Tochter hält. So viele Schulmassaker können gar nicht passieren, dass nicht irgendwo der Ruf nach Rache ertönt, wenn es um das „Recht des Einzelnen“ auf Selbstverteidigung geht. Nichts Neues also unter der US-amerikanischen Sonne. Dass nach 44 Jahren, die seit dem ersten Death Wish vergangen sind, nicht mehr an Erkenntnis drinnen ist, das ist schon eher ernüchternd.