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Filmstart

Der Graf von Monte Christo

| Pamela Jahn |
Schnittige Neuauflage von Dumas’ verwegener Rachegeschichte

Im Jahr 1815, nach der Niederlage Napoleons, überschlagen sich in Marseille die Ereignisse: Der junge Schiffsoffizier Edmond Dantès (Pierre Niney) wird nach einer kühnen Heldentat zum Kapitän ernannt und kann nun endlich seine geliebte Mercédès (Anaïs Demoustier) heiraten. Doch mit dem sozialen Aufstieg hat er sich auch Feinde gemacht. Am Tag der Trauung wird er zum Opfer eines Komplotts, das ihn für immer hinter Gitter bringen soll.

In einem Kerker im Gefängnis Chateau d’If kommt das Leben des drahtigen jungen Mannes vorerst zum Stillstand, viele Jahre vergehen. Zeit genug, um sich von seinem gelehrten Mitinsassen Abbé Faria in allen Künsten unterrichten zu lassen. Außerdem teilt der weise Greis ein Geheimnis mit ihm, das Dantès nach einer waghalsigen Flucht zu unermesslichem Reichtum verhilft. Mitte der 1830er-Jahre kehrt er als gestandener Aristokrat in seine Heimat zurück, um jene drei Männer zu Fall zu bringen, die ihn einst um sein Glück gebracht haben. Er will Vergeltung – und er hat einen Plan.

Im Vergleich zu Gérard Depardieus finsterem Rächer in der französischen TV-Miniserie von 1998 erscheint Pierre Niney als titelgebender Graf geradezu ein Leichtgewicht. Vor zehn Jahren wurde der 1989 geborene Schauspieler in der Rolle des fragilen Modeschöpfers Yves Saint Laurent bekannt. Aber auch die verschiedenen Masken und der schwarze Umhang des von Alexandre Dumas’ geschaffenen Abenteuerhelden stehen ihm gut. Nineys schlanke, kantige Statur und sein sensibler, durchdringender Blick verleihen der Figur bei aller Unberechenbarkeit und dem düsterem Kalkül gleichzeitig eine tiefe Verletzlichkeit und Melancholie.

Von dem Moment an, wo Dantès sich als Graf von Monte Christo ausgibt, gewinnt auch diese jüngste Neuverfilmung des beliebten Klassikers unter der Regie von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière wieder an Fahrt. Ähnlich wie bei dem Zweiteiler Die drei Musketiere von 2023, für das sie das Drehbuch lieferten, ist auch diese Dumas-Adaption von dem Ehrgeiz getrieben, dem gegenwärtigen Superhelden-Overkill auf der Leinwand mit einer klassischen Abenteuergeschichte Kontra zu geben. Je akribischer sich Dantès in die Details seines Plans stürzt, desto weniger Zeit bleibt, den ganzen Wahnsinn seines Vorhabens zu hinterfragen oder gar den Abweichungen vom Original nachzugehen. Am besten man versucht es erst gar nicht, sondern stürzt sich kopfüber hinein in dieses aufwendig ausstaffierte Historienspektakel. Manchmal tut solide Unterhaltung wie diese in Zeiten des Chaos ganz gut.