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Der perfekte Chef

Filmstart

Der perfekte Chef

| Jakob Dibold |
Javier Bardem und die wunderbare Welt der Wirtschaft

Was für eine Woche: Von Montag bis Montag nehmen die Bestrebungen des angeblich so guten Chefs, für alle seine Angestellten ein offenes Ohr zu haben, aber gleichzeitig für so viel Ordnung zu sorgen, dass seine Firma den nächsten Preis verliehen bekommt, immer katastrophalere Wendungen. Startschuss für die Probleme ist ein frisch entlassener Mann, der sich die Kündigung nicht gefallen lassen will und kurzerhand auf öffentlichem Grund vor dem Eingangstor von „Blanco Basculas“ – so der Name des Waagenherstellers, dessen Boss Julio Blanco herrlich eklig und heuchlerisch von Javier Bardem dargestellt wird – ein One-Man-Protestcamp einrichtet. Sehr schlecht fürs Image, aber keineswegs Blancos einziges Problem: Nur Tage bevor das Wettbewerbskomitee zur Begutachtung erscheint, lässt sein Produktionsleiter massiv in der Arbeitsleistung nach – Eheprobleme. In solche scheint sich Blanco auch selbst zu manövrieren, kann er es doch nicht lassen, die neue Marketingpraktikantin anzubraten. Wovon er mal lieber abgesehen hätte, nicht nur aus weithin bekannten guten Gründen, denn obendrein ist die leidenschaftliche Waagenliebhaberin keine Unbekannte der Familie …

Erzählt wird so schrittweise eine Eskalation in Wochentags-Episoden, Tag für Tag entlarvt der Waagenmogul ein bisschen mehr, dass all die Nettigkeiten und Gefallen, die er den für ihn Arbeitenden zugesteht, schlussendlich purem Egoismus entspringen. Das ist manchmal ziemlich unterhaltsam, manchmal etwas herrenwitzig, insgesamt viel zu lang und trotzdem eine gelungene Wirtschaftssatire.

Die eine oder andere Buchschwäche und eine gewisse Vorhersehbarkeit sind darin offensichtliche Mankos, und auch wenn der Film gerade die bittere Wahrheit zeigen will, dass für Männer wie Blanco selbst die ärgste Bredouille meistens noch gut ausgeht, wirkt die Figur Bardems, der wie gesagt in Hochform agiert, teils zu unberührbar und beinahe wie eingeweiht in das Lustspiel. Bestrebungen, die Persönlichkeiten rund um ihn ebenfalls zu entwickeln und ein bisschen greifbarer zu machen, sind kaum zu erkennen.

In Spanien hat El buen patrón sofort Begeisterung ausgelöst – einen Rekord darstellende 20 Goya-Nominierungen und der Gewinn fast aller Hauptpreise sprechen für sich –, unzweifelhaft ist Fernando León de Aranoa ein wirklich kurzweiliger Film gelungen. Bedient er sich zwar mitunter etwas abgeschmeckten Humors und klischeehaften Charakter-Konstellationen, punktet er zudem durch etwas, das komödiantischen Filmen oft fehlt: Mehr als zweckerfüllende Kameraeinstellungen und erfinderische Schnitt-Dramaturgie.