Pflicht, Verantwortung und Verbrechen – Michael Verhoeven rollt noch einmal die Geschichte der Wehrmachtsausstellung auf.
Ziemlich genau zehn Jahre ist es jetzt her, dass Michael Verhoeven „in dieses Thema hineingezogen worden ist“, wie er im Begleittext zum Film erklärt: Anhänger der deutschnationalen NPD hatten im Februar 1997 in München gegen die Eröffnung der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941–1944“ protestiert; Verhoeven, als Filmemacher seit jeher zeitgeschichtlich interessiert (Die Weiße Rose, Das schreckliche Mädchen), war mit der Kamera dabei gewesen und hatte die Proteste, aber auch die Ausstellung selbst, ihre Macher und Besucher, gefilmt. Nun wird ihm dieses Material zum Ausgangspunkt für eine Rückschau auf die Ausstellung, auf die Diskussionen, die sie auslöste, und die Geschichte, die sie erstmals einer größeren Öffentlichkeit vermittelte. Die Frage nach der Notwendigkeit eines Films, der immerhin zwölf Jahre nach der ersten Wehrmachtsausstellung und zehn Jahre nach Ruth Beckermanns Jenseits Des Krieges dasselbe Thema noch einmal aufrollt, beantwortet Verhoeven durch eine vorbildliche Verdichtung der Argumente, sowie, vor allem, durch profunde eigene Recherche: Fast manisch nahm er sich des Themas an, führte Interviews mit Historikern, Ausstellungsmachern, ihren Besuchern und Gegnern, Wehrmachtsangehörigen und ihren Kindern. Verhoeven fuhr an die Schauplätze der Pogrome und Massaker, förderte dabei auch unbekannte Fotos und Filme zutage und zögerte keine Sekunde, in die offene Wunde, die dieser Teil der deutschen und österreichischen Geschichte nach wie vor darstellt, offensiv hineinzubohren – und damit dem „unbekannten Soldaten“ ein Gesicht zu geben.
20 Millionen Männer versahen in der Wehrmacht ihren Dienst, darunter waren 1,25 Millionen Österreicher, von denen ein Großteil gewiss „nur seine Pflicht erfüllte“, wie Kurt Waldheim es so schön formulierte, was Kriegsverbrechen aber nun einmal ganz und gar nicht ausschloss. Und das kann tatsächlich nicht oft genug gezeigt werden. „Ich bin kein Dokumentarist und schon gar kein Historiker, sondern blicke mit den Augen eines Filmemachers auf die Ereignisse, stelle die Aussagen gegeneinander und lasse dem Betrachter Raum für eigene Schlüsse“, schreibt Regisseur Michael Verhoeven in seinem Geleitwort zum Film und vergisst auch auf das Entscheidende nicht: „Aber natürlich will und kann ich meinen persönlichen Standpunkt nicht verbergen.“