Kein Kommentar: Natur pur
Tiere im Film faszinieren die Menschen schon lange, in dokumentarischer Form wie auch zu diversen Rollen in familienfreundlichen Spielfilmen dressiert. Als Sonderfall und obskures Juwel des Tierfilms gilt mittlerweile der knapp einstündige Une fée … pas comme les autres von 1957, in dem Jean Tourane eine kunterbunte Stadt der Tiere inszeniert, in der auch das Küken Saturnin eine wichtige Rolle spielt, das Titelheld einer gleichnamigen TV-Serie Touranes werden sollte. Über sechzig Jahre später sind es wieder zwei Franzosen, die einen Film realisieren, der noch viele Jahrzehnte als Vorzeigebeispiel gelten könnte, auch ohne Misshandlungen. Hier fahren die tierischen Protagonisten zwar nicht Auto, spielen Instrumente oder veranstalten und besuchen ein Varietétheater, hinsichtlich Spannung, Witz und Emotion steht die vom renommierten Produzenten Michel Seydoux und seinem bereits auf Fauna spezialisierten Kameramann Laurent Charbonnier verantwortete ganzheitliche Betrachtung Le chêne jedoch um nichts nach. Der Baum als Lebensraum wird über alle Jahreszeiten hinweg beein-druckend seziert, ohne jede gesprochene Narration und dank der tollen Montage von Sylvie Lager erleben wir zig aus dem Leben gegriffene Episoden, die selbst aufmerksamsten Naturfreunden verborgen bleiben.
Am Anfang bedroht das Gewitter, ein Blitz schreckt Ameisen auf, die Mäuse bangen unter der Erde im Wissen über die bedrohlichen Wassermassen. Technisch bravourös springt der Film von Schicksal zu Schicksal, Eichhörnchen sorgen tüchtig und stets alert für den Winter vor, Eulen und Füchse lauern geduldig, der Besuch einer Schlange sorgt für Aufruhr und Zusammenhalt im Geäst. Ein Liebestanz von Insekten zum Gesang von Dean Martin erfüllt zwar etwas enervierend einige Klischees, dafür wird man jedoch mit den Entwicklungsstadien der Larven belohnt: Wie futuristische Sarkophage gedeihen sie im Dunkeln. Gegen Ende liefern sich auch noch Vögel eine Verfolgungsjagd, bei der nicht nur, aber besonders Fans von Star Wars: Episode IV – Return of the Jedi voll auf ihre Kosten kommen. Immer und immer wieder scheint die Kamera in unglaubliche Winkel vorzudringen. Und die titelgebende Eiche? Sie – es handelt sich um eine Stieleiche, die um 1810 gekeimt hat, erfahren wir – wird prächtig und erhaben, in Zeitraffern und von allen Seiten, von oben als auch von unten in Szene gesetzt; subterran wachsen rasch Wurzeln wie ein kleines Wunder und untermauern so auch noch einmal die rhizomatische Erzählstruktur – ganz französisch eben. Ein leichtfüßiges, erfrischendes Kinoerlebnis, dessen einzige Schwäche der etwas brave Musikeinsatz ist, der sich oft Unterhaltungswert erkauft, wo es gar nicht nötig wäre.