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Filmstart

Die Fotografin

| Pamela Jahn |
Schaut auf diese Frau!

Es ist die Sturheit, das Verbohrte, das bleibt. Kate Winslet mit zusammengepressten Lippen, mal vor Wut, mal im Schmerz oder aus Verzweiflung. Sie spielt die Fotografin Lee Miller mit stetem Nachdruck, als ginge es darum, den Bildern unbedingt eine tiefere Bedeutung einzuverleiben. Als müsse die Welt endlich auf diese außergewöhnliche Frau und ihr Leistung schauen. Nicht auf Miller, das Man-Ray-Model, das sie einst war. Viel wichtiger: auf Miller, die Kriegsreporterin an vorderster Front.

Der Blick lohnt sich. In Winslets Augen war Miller eine Naturgewallt: „Man kann nur beeindruckt sein von dem Mut, den sie als Frau mittleren Alters in einem so stark von Männern dominierten Umfeld hatte“, sagt die Schauspielerin ehrfürchtig. Ihre Stimme ist dabei so überzeugend wie ihr Spiel. „Millers Wunsch, die Wahrheit zu zeigen und darüber zu schreiben, wurde zu ihrer Berufung. Sie wusste, dass sie sich dem Schrecken und Unheil aussetzen musste. Es war wie ein Zwang.“

Für Winslet ist Die Fotografin ein sogenanntes Herzensprojekt. Sie agiert nicht nur als Hauptdarstellerin, sondern auch als Produzentin. Das Projekt basiert auf einem Buch von Lee Millers Sohn Antony Penrose, der in Unkenntnis über das Leben seiner Mutter während des Krieges aufwuchs. Ein fiktives Interview zwischen den beiden kurz vor Millers Tod im Jahr 1977 bildet den narrativen Rahmen für die Handlung. Miller erzählt ihm, wie sie 1938 den Künstler Roland Penrose (Alexander Skarsgård) an der französischen Küste kennenlernt. Von dort aus zieht das Paar nach London, wo Miller zunächst für die britische „Vogue“ vor der eigenen Haustür fotografiert. Doch schon bald geht sie an die Westfront, wo sie sich mit David E. Scherman (Andy Samberg) zusammentut, einem Fotografen des „Life“-Magazins. Gemeinsam dokumentieren die beiden jahrelang das Kriegsgeschehen.

Ellen Kuras, die sich als eine der immer noch viel zu wenigen Kamerafrauen in Hollywood einen Namen gemacht hat, setzt in ihrem Spielfilmdebüt auf eine solide Inszenierung. Im Gegensatz zu Millers Widerständigkeit und Winslets Ehrgeiz, es ihr gleichzutun, geht die Regisseurin mit äußerster Vorsicht an die Arbeit. Der Respekt ist angebracht, verleitet jedoch auch zur Oberflächigkeit.

Am besten ist Die Fotografin, wenn Kuras komplett auf ihre Hauptdarstellerin vertraut: In einer der schwierigsten Szenen, lässt sich Miller im April 1945 von Scherman nackt in Hitlers Badewanne fotografieren, um, wie sie später selber schrieb, den Dreck von Dachau abzuspülen. Winslet erfüllt den Moment mit eben jener beeindruckenden Unerschütterlichkeit, die bleibt.