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Filmkritik

Die Geliebte des Teufels / Lída Baarová

| Jörg Schiffauer |
Eine verhängnisvolle Affäre

Lída Baarová zählte zu Beginn der dreißiger Jahre in ihrer tschechischen Heimat zu den großen Sternen am dortigen Schauspielhimmel. Im jugendlichen Alter von zwanzig Jahren konnte sie bereits eine veritable Filmkarriere aufweisen, als sie 1934 ein Angebot der UFA ereilte. Politisch und moralisch war der Umzug nach Nazi-Deutschland nicht unumstritten, karrieretechnisch jedoch vorteilhaft, zählte doch Berlin zu den bedeutendsten Zentren der Filmindustrie. Baarová gelang ein steiler Aufstieg, und schon bald gehörte sie zu den ganz großen Namen im deutschen Film.

Als ihr sogar ein Angebot aus Hollywood in Form eines langjährigen MGM-Vertrages ins Haus flattert, scheint ihr die (Film-)Welt endgültig offen zu stehen. Doch Lída Baarová eroberte nicht nur die Herzen des Publikums, sondern erregte auch die Aufmerksamkeit von Joseph Goebbels, als Reichspropagandaminister auch für den Film zuständig. Es entwickelte sich eine aufsehenerregende Affäre, die die Bezeichnung „verhängnisvoll“ in der Tat verdienen sollte. Natürlich ist die Liaison zwischen Baarová und Goebbels in Rahmen der großen Weltgeschichte nicht mehr als eine Fußnote. Und doch kommt ihr eine bestimmte Bedeutung zu, ist es eine emblematische Geschichte, die Fragen zum Verhältnis zwischen Macht und Moral, Kunst und Politik auf den Punkt bringt. Es ist ein geradezu klassisches Motiv, wo ein Faust wieder einmal seinem Mephisto begegnet. Filip Rencˇ hat dafür einen dramaturgischen Zugang gewählt, der ebenso riskant wie diskussionswürdig ist. Denn Rencˇ hat Lída Baarová primär als großes Melodram – man ist versucht, auf der formalen Ebene den Vergleich mit einschlägigen UFA-Produktionen zu ziehen – in opulenter Ausstattung in Szene gesetzt. Sich der Zeit des Nationalsozialismus über das Melodrama samt der diesem Genre immanenten Verklärung anzunähern, ist naturgemäß eine riskante Gratwanderung, die selbst ein ganz Großer wie Rainer Werner Fassbinder in Lili Marleen nicht ganz trittsicher bewältigte.

Rencˇ  zeichnet ein Bild Baarovás als vornehmlich naive Frau, deren einziger Fehler es laut Eigendefinition war, sich in den falschen Mann – Karl Markovics changiert als Goebbels gekonnt zwischen öligem Charmeur und dem bekannten skrupellosen Machtmenschen –  verliebt zu haben, doch Unbedarftheit in diesem Ausmaß erscheint als fahrlässiger Umgang mit der historischen Wahrheit. Dass der Film durch die Rahmenhandlung – die betagte Lída Baarová trägt einer Studentin ihre Geschichte vor – die eigene Erzählperspektive als ohnehin stark subjektiv gefärbt und damit unzuverlässig präsentiert, erscheint dabei als wenig hilfreicher Kunstgriff.