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Filmkritik

Die schönen Tage von Aranjuez / Les beaux jours d’Aranjuez

| Alexandra Seitz |
Die fünfte Kollaboration von Wenders und Handke ist ein Schlag ins Wasser.

Sie reden aneinander vorbei. So wie Männer und Frauen das seit Anbeginn der Zeiten zu tun pflegen. Sie sitzen an einem strahlend schönen Sommertag auf der Terrasse, ein lindes Lüftchen weht und lässt die Blätter in den Bäumen rascheln, und er fragt sie, ein wenig indiskret, nach ihrem Ersten Mal. Und sie, nach anfänglichem Zögern, beginnt zu erzählen. Das ufert bald schon aus, die Geschichte mäandert … so viel gehört dazu, zu diesem, ihrem Ersten Mal, mit einem Fremden, irgendwo in einer Ruine, an einem ähnlich heißen Tag … wo anfangen und wo aufhören? Der Mann, der gefragt hatte, verliert das Interesse. Das war es wohl nicht, was er hatte hören wollen. Wo bleiben die saftigen Details? Was soll er mit diesem Empfindungskram, mit diesen Erinnerungen an das Gefühl von Schweiß auf der Haut und Verwirrung im Herzen undsoweiter? Unvermittelt erzählt auch er, spricht von Konkretem, von Johannisbeeren und Springkraut, von der Natur und davon, wie er sich in ihr gespiegelt sieht. Er pachtet die Wahrheit. Sie schaut irritiert. Es ist das alte Lied, ein alter Hut und ein altes Klischee. Steinzeitlich obendrein in der oppositionellen Verknüpfung von Geschlechterrollen mit Emotion und Ratio. Es ist langweilig.

Das ist es tatsächlich. Die schönen Tage von Aranjuez, Wim Wenders‘ Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Peter Handke ist langweilig. Gepflegt zwar, aber eben doch: öde.

Zwischen den elend langen Dialogpassagen erklingen schöne Songs aus einer alten Wurlitzer-Jukebox und beobachten wir einen Schriftsteller beim Schriftstellen, was bekanntlich wenig aufregend aussieht: Der Dichter sitzt im Haus und starrt gedankenverloren zur Terrassentür hinaus, dann beginnt er auf seiner Schreibmaschine zu klappern – um, so steht zu vermuten, dem Paar die kunstvoll-aneinander-vorbei-Dialoge in die Münder zu legen. Handke selbst tritt auf und schnippelt mit der Gartenschere an einem Gebüsch herum. Einmal auch setzt sich Nick Cave an ein Klavier, das praktischerweise plötzlich in der Eingangshalle steht, und spielt ein trauriges Lied. Wie gesagt: Ödnis auf hohem Niveau. Und es hilft auch nichts, dass sich die ganze Sache in 3D abspielt.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die männliche und die weibliche Perspektive auf das Wesen der Liebe miteinander unvereinbar sind. Mithin, dass eine Verständigung der Geschlechter nicht möglich ist. Wir schreiben das Jahr 2017 – Himmel hilf!