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Filmkritik

Die Winzlinge – Abenteuer in der Karibik

| Jörg Schiffauer |
Das große Krabbeln geht weiter.

Auch wenn der Blick auf die Kinostartlisten zeitweilig Gegenteiliges vermuten lässt – es gibt natürlich im ebenso populären wie umkämpften Fachbereich Animation Leben neben den großen Dominatoren wie DreamWorks, Pixar, Blue Sky, Illumination oder Walt Disney. Zu den originellsten Köpfen dieses Genres zählen zweifellos Hélène Giraud und Thomas Szabo, die mit der ursprünglich für das französische Fernsehen produzierten Animationsserie Minuscule ein ebenso ungewöhnliches wie erfolgreiches Konzept kreiert haben. Im Mittelpunkt der genialen Mischung aus Real- und Animationsfilm stehen Insekten – die kleinen Tierchen sind dabei computer­generiert und werden in die real aufgenommene Natur integriert – samt ihrem Leben im Wald. Die Minuscule-Serie, wie sie im französischen Original heißt, war mit ihren zumeist nur etwa sechs Minuten langen Episoden so erfolgreich, dass 2013 ein Kinofilm folgte. Im Mittelpunkt von Die Winzlinge – Operation Zuckerdose stand ein einsamer Marienkäfer, der sich einem Volk von schwarzen Ameisen anschließt, gemeinsam durchlebt man jede Menge Turbulenzen bei dem Versuch, sich die Überreste eines Picknicks zu sichern.

Der Kinoausflug entwickelte sich zu einem auch internationalen  Erfolg, der nun mit Die Winzlinge – Abenteuer in der Karibik seine Fortsetzung findet. Besagter Marienkäfer lebt nun mit seiner Familie im Wald, mit seinen Ameisenfreunden begibt er sich eines Nachts auf Beutezug in ein Feinkostgeschäft. Dabei gerät sein Sohn in einen Karton  mit Lebensmitteln, der nach Guadeloupe verschickt wird. Dort angekommen muss sich Marienkäfer Junior zunächst einmal in der ungewohnten Fauna und Flora der Karibik zurechtfinden, währenddessen unternimmt sein Vater eine gewagte Rückholaktion.

Obwohl auch die Fortsetzung wieder mit jeder Menge aberwitziger Abenteuer aufwartet, bleiben der eigenwillige Charme der fliegenden und krabbelnden Protagonisten und die originäre Stilistik der Arbeiten von Hélène Giraud und Thomas  Szabo jene Alleinstellungs­merkmale, die der Minuscule-Reihe ihren ganz besonderen Platz im Animation-Genre sichert. Ein  ganz wesentlicher Kunstgriff ist dabei der Verzicht auf Sprache, die Insekten kommunizieren stattdessen mittels einer ganze Palette an Geräuschen – allein das dafür eingesetzte Sounddesign ist höchst vergnüglich –, dem Verständnis tut das keinen Abbruch. Inmitten aller turbulenten Handlungsfäden setzt das Regie-Duo Giraud und Szabo jedoch auf einen feinen, oftmals hintersinnigen Humor, der immer auch einen tiefen Humanismus beinhaltet und damit die Achtung aller Geschöpfe, die sich auf dieser Welt befinden, zu vermitteln versteht.