Facebook kills. Einfache Wahrheit, schlicht illustriert
Alle sind immer online. Permanent erreichbar. Ununterbrochen vernetzt. Im Internet zuhause. Der eine telefoniert, die andere chattet, der dritte pokert, die vierte kauft Sex, ein weiterer posted Lügen auf Facebook. Die Folgen sind verheerend: vernachlässigte Familien, leer geräumte Konten, betrogene Hoffnungen, Beziehungskrisen – sowie der Selbstmord eines gemobbten Jugendlichen. Dessen Tod bringt einen Stein ins Rollen.
Henry-Alex Rubins Spielfilmdebüt Disconnect ist eine Art Aufklärungsfilm über die zwar allseits bekannten, doch ebenso umfassend ignorierten Gefahren eines allzu arglosen Umgangs mit digitalen Geräten, sozialen Netzwerken, virtuellen Räumen. Strukturell orientiert sich Andrew Sterns Drehbuch an Ensemble-Episodenfilmen wie Paul Haggis’ L.A. Crash; was insofern nahe liegt, als die Story um die Idee der – geglückten oder gestörten, meist gestörten – Verbindung zwischen zahlreichen Protagonisten kreist. Die Journalistin, die den Online-Pornodarsteller ausbeutet; der Anwalt, der das Telefon der Familie vorzieht; der Sohn des Ex-Cops, der nicht vom Tablet loskommt; das entfremdete Paar, das Kreditkartenbetrügern zum Opfer fällt; der Nerd und die Bullys – sie alle verheddern sich im Netz aus Nullen und Einsen, das ihre Schicksale miteinander verknüpft. Dann fordert die virtuelle Welt ihre Opfer in der analogen und am Ende ist die Lösung des geschürzten Knotens nur noch in einem brachialen Akt möglich. Handgreiflich, gewalttätig. Die Erkenntnis, dass Begegnungen im Cyberspace menschliches Miteinander nicht ersetzen, sondern eher zersetzen, ist alles andere als neu und auch ein wenig platt. Das ist das Problem von Disconnect; der Film ist hochkarätig besetzt, an vielen Stellen scharf beobachtet und klug zugespitzt – doch der immer wieder didaktisch erhobene und penetrant herumwedelnde Zeigefinger stört das Gesamtbild. Umso mehr, als schließlich das Humane über das Technische obsiegt, sich alle erschöpft in den Armen liegen, Tränen der Katharsis fließen und gerissene Wunden großzügig mit „I love you“ zugepflastert werden. The American Way of Konfliktlösung eben und als solcher ziemlich naiv. Nur, Cybermobbing, Computerkriminalität und Überwachungsstaat sind bittere Realitäten und auch wenn Rubin die Methode der Vermittlung etwas zu konventionell-bieder gerät, sein Anliegen – aufzuklären, zu warnen und für Gefahren zu sensibilisieren – ehrt ihn.