Vom Model zur Kopfgeldjägerin: Beinahe unglaublich klingt die Lebensgeschichte der ruhelosen Proinententochter Domino Harvey. Tony Scott spürt ihr angemessen temporeich nach.
Die Tochter eines berühmten Hollywoodstars bricht aus ihrem luxuriösen High-Society-Leben aus, versucht sich als moderne Kopfgeldjägerin, wird dabei zum Star einer Reality-TV-Show, bis sie jedoch einer groß angelegten Aktion des FBI in die Quere kommt. Übertrieben? Nein, das ist die Biografie von Domino Harvey, Tochter des Schauspielers Laurence Harvey, die sich in einer Mischung aus Langeweile und Rebellion gegen die gekünstelte Oberflächlichkeit ihrer Mutter einer Truppe von Kopfgeldjägern anschließt. In diesem von reichlich skurrilen Charakteren bevölkerten neuen Umfeld findet Domino (Keira Knightley) nicht nur den gewünschten Adrenalinkick, sondern kurioserweise auch so etwas wie ein familiäres Umfeld.
Tony Scotts Inszenierung gelingt es über weite Strecken, dem ruhelosen, getriebenen Charakter seiner Hauptfigur Rechnung zu tragen. Mittels episodischer Erzählstruktur und rasanter, sich an Videoclip-Ästhetik orientierender Montage treibt Scott den Plot in aberwitzigem Tempo voran, entwickelt durch Vor- und Rückblenden sowie einen extensiv eingesetzten Off-Kommentar eine filmische Narration, die das Leben der Protagonistin wie ein Kaleidoskop auffächert. Dass der skurrile Mikrokosmos der Kopfgeldjäger mit seinen von Machismo geprägten Ritualen aus fast ebenso viel Schein besteht wie die Glitzerwelt, der Domino eigentlich entkommen wollte, geht im rasenden Tempo ihres neuen Lebens zunächst unter, bleibt aber nicht die einzige Doppelbödigkeit, mit der der Film umzugehen versteht. Domino und ihre Kollegen werden Stars einer Reality-TV-Serie, ein Fernsehformat, das ultimativ den fahrlässigen Umgang mit Sein und Schein repräsentiert. Denn damit beginnt sich ein Netz von Verstrickungen und Komplikationen um die Protagonisten zu legen, dessen fatale Folgen nach und nach mit voller Wucht hereinbrechen. Hatte das Ausweichen in die Subkultur der Kopfgeldjäger trotz aller Gefahren für Domino immer einen spielerisch, unbeschwerten Charakter, wird sie schlussendlich doch gezwungen, sich mit einer unerbittlichen Realität zu konfrontieren. Die Farce droht zur Tragödie zu mutieren. Dass Tony Scott gerade diese Wendung zum Anlass nimmt, gegen Ende des Films zu einem simpel actionorientierten Stil Zuflucht zu nehmen, bleibt dann auch die einzige Schwäche von Domino. Im Sommer diesen Jahres kam Domino Harvey auf mysteriöse Weise ums Leben – und diese letzte Wendung hätte jedes Drehbuch aber wohl endgültig überfordert.