Das Filmarchiv Austria präsentiert in einer umfangreichen Retrospektive im Mai die Regiearbeiten des Erich von Stroheim, zahlreiche seiner Schauspielerfilme sowie eine Ausstellung.
Stroheim war hartnäckig und kam jeden Tag, fest entschlossen, mit D. W. Griffith zu sprechen. Viele Wochen hindurch erschien er, ohne sich entmutigen zu lassen und schickte eine Mitteilung immer gleichen Inhalts: ,Erich von Stroheim, Autor, Schauspieler, Akrobat und Militärexperte lässt Herrn Griffith grüßen und ihn fragen, ob er in seinem nächsten Film eine Rolle für ihn habe.‘ Dieses Schreiben, das Griffith jeden Morgen auf seinem Schreibtisch fand, wurde für ihn zum Albdruck. Schließlich willigte er ein, den Unbekannten zu empfangen.“
Wer bei der Lektüre der Stroheim-Biografie des Historikers Jon Barna über Anekdoten wie diese stolpert, bekommt einerseits nur eine kleine Ahnung von der Persönlichkeit, die sich hinter Monokel, weißen Glacéhandschuhen und aristokratischem Offiziersgehabe versteckt. Und erfährt andererseits so einiges über Erich von Stroheim, „the Man You Love to Hate“, wie er sich auch selbst nannte, weil er so genannt werden wollte. Die Direktheit, die Besessenheit, nicht zuletzt die an Überheblichkeit grenzende Eingebildetheit liest man aus diesen Zeilen schon heraus, weil sie längst zum Bild geworden sind, das die Filmgeschichte sich in der Folge über von Stroheim zurechtlegen sollte (und mit dem er in diese eingehen wollte).
Kaum ein anderer Regisseur hat mit weniger Arbeiten mehr erreicht, im Scheitern am System kommen ihm vielleicht gerade noch Orson Welles und Andrej Tarkowskij nahe. Nur fünf Regiearbeiten sind als Fragmente erhalten geblieben, die unlängst vom Österreichischen Filmmuseum sorgsam edierte Version von Blind Husbands auf DVD (siehe ray 02/07) ist ein erster wegweisender Schritt der Aufarbeitung des Erbes. Doch nicht nur in der Vermittlung und Archivierung, auch in der Rezeption gilt es, neue Wege einzuschlagen: denn so maßgeblich die Persona Stroheims für seine Regiearbeiten auch sein mag, dass sie eine mit dem Filmemacher Stroheim in Einklang stehende „untergehende feudale Ordnung zeigen, ist sekundär. In diesen Filmen geht es darum zu zeigen, wie Ordnungen, Systeme funktionieren, wie ihre Kohärenz Realität nicht nur prägt, sondern hervorbringt“. (Frieda Grafe) In diesem Sinn ist Erich von Stroheim noch heute ein durch und durch moderner Regisseur.