Filmkritik

Eva-Maria

| Jakob Dibold |
... und ihr ungewöhnlich alltäglicher Wunsch, ein Kind zu bekommen und Mutter zu werden

Eigentlich wollte Lukas Ladner einen fiktionalen Film mit seiner Protagonistin drehen, doch dies änderte sich, als Eva-Maria ihm von ihren Schwangerschafts-Plänen erzählte. Eine Doku sollte es nun werden, die den schwierigen Weg zum erwünschten Kinderglück begleitet – und dabei auch das Verhältnis der beiden Menschen zueinander verkompliziert: Lukas ist persönlicher Assistent Eva-Marias, die im Rollstuhl sitzt – zwar fest im Leben, doch bei vielen Dingen auf Unterstützung angewiesen –, sie bei aller gegenseitigen Sympathie und Wertschätzung eine Kundin. Plötzlich und gleichzeitig Hauptdarstellerin und Regisseur, erarbeiten die zwei zusätzlich zu ihrem Alltag, der fortan von zahlreichen Neuerungen wie Ovulationstests, Eierstockuntersuchungen und Babymode-Shopping mitgeprägt ist, eine Chronik eines besonderen Vorhabens.

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Es ist besonders, wenn Nicht-Norm-Körper ein Kind bekommen möchten, Eva-Marias Lebensrealität und die einiger ihrer Freundinnen ist es auch – und das Besondere an Lukas Ladners Film ist sicher, wie völlig un-ungewöhnlich er dies in Szene setzt. Zweifelsohne vorteilig daran: Es gelingt, auf Augenhöhe zu repräsentieren, wo lange und oft stigmatisierend und nicht selten herablassend repräsentiert wurde und wird. Diese Absicht wird so stringent verfolgt, dass zwar Hindernisse klar sichtbar gemacht, Diskriminierung per se aber nie direkt thematisiert wird. Ist das Schönung, ist das Mangel? Hier wahrscheinlich nicht, denn das Kino-Bild zeigt in diesem Fall keine gesellschaftliche Analyse, sondern schlicht eine Frau, die bestimmt ein Ziel verfolgt.

Deshalb ist zwar einerseits natürlich Platz zum Mitfühlen und Mitfiebern mit einer humorvollen und starken Persönlichkeit, andererseits bietet der scheinbar enge Blick Raum für weitere, jedes Menschsein betreffende Fragen, die Eva-Maria großteils selbst stellt, all diesen voran: Wieso will man eigentlich Kinder haben? Was bedeutet es, für ein Kind zu sorgen? Nicht zu unterschätzen ist (ebenso diesbezüglich), wie stark Eva-Maria, der Film, auch von seinem Macher erzählt, in dessen Doppelrolle als entlohnter Begleiter, der bald Tätigkeiten in sein Repertoire aufnimmt, die sonst Väter ausüben, und schaffender Beobachter, der die intime Reise letztendlich ein Stück weit neu geschrieben haben wird.

Bei allem Respekt für diesen Spagat Ladners sowie Verständnis für seine Methode der geradlinigen, formnüchternen Beobachtung, lässt das filmische Endresultat jedoch auch mit dem Gedanken zurück, dass ihm mehr Wagnis hinsichtlich einer eigenständigen gestalterischen Sprache nicht im Weg gestanden, sondern Auftrieb verliehen hätte.