ray Filmmagazin » Filmkritiken » Der goldene Handschuh
Der goldene Handschuh

Filmkritik

Der goldene Handschuh

| Alexandra Seitz |
In keinem guten Sinne: eine Zumutung

Eine Milieustudie. Ein Gesellschaftsporträt. Ein Psychogramm. Eine Horrorgroteske. All dies ist dieser Film nicht. Eher ist er ein Kostümfilm. Eine Ausstattungsorgie. Ein Suhlen im Elend, begleitet von alten Schlagern. Eine sadistische Feier der Gewalt. Ausgeübt an Frauen. Aber nicht nur. Weil letztlich die Gewalt hier allen angetan wird. Nicht zuletzt dem Publikum, das sich diesen Humbug nun anschauen muss. Wobei natürlich niemand dazu gezwungen wird, Geld auszugeben, um Fatih Akins umstrittene Adaption von Heinz Strunks umstrittenem, 2016 erschienenem Erfolgsroman „Der goldene Handschuh“ anzusehen. Man kann es auch einfach sein lassen, stattdessen in die nächstgelegene Eckkneipe gehen und ein großes Glas Fantakorn bestellen, das Lieblingsgetränk der armseligen Gestalten, die in Film und Vorlage ihr Unwesen treiben. Dieses unmögliche Gesöff kann man sich sodann hinter die Binde kippen, auf das Wohl all jener, deren professionelles Können in Akins absurder Glorifizierung von Hässlichkeit und Ekel verschwendet wird. Prost!

Der goldene Handschuh handelt von Fritz Honka, einem Hilfsarbeiter mit verunglücktem Gesicht, einem Alkoholiker, der in Hamburg, St.Pauli in den siebziger Jahren vier Frauen – Säuferinnen, Gelegenheitsprostituierte, Verliererinnen, Opfer – ermordet und zerstückelt hat. Ein legendärer „schwarzer Mann“, dessen Fama wohl auch den im gleichen Kiez aufgewachsenen Akin in seinen jungen Jahren heimgesucht hat. Weswegen dieser wohl dachte, er müsse nun diesen Film drehen – den allerdings in der vorliegenden Form niemand braucht.

Selten hat der Ausdruck „Perlen vor die Säue“ besser gepasst. Denn hochkarätige Schauspielerinnen und Schauspieler geben hier ihr Bestes, die Sets sind von beängstigender Präzision, die Maske tadellos, bis hin zur urinfleckigen Unterwäsche findet sich kein Fehl. Doch wohin strömt all diese Energie? Wozu der ganze Dreck, die unflätige Sprache, die ungeheure Brutalität? Der goldene Handschuh bietet keinerlei reflektierende Ebene und/oder analytischen Rahmen an, die dem ausgewalzt ausbeuterischen Geschehen Sinnhaftigkeit verleihen würden. Ein Film, der seine Negativ-Bilder vor allem dem weiblichen Publikum vor die Füße kotzt, ohne diesen Übergriff in irgendeiner Weise zu legitimieren.

Dass Akin sich bei der Pressekonferenz im Rahmen der Berlinale, wo der Film rätselhafterweise im Wettbewerb lief, zu der Aussage verstieg, er habe Honka und seinen Opfern ihre Würde zurückgeben wollen, ist angesichts des Ergebnisses nicht anders als zynisch zu nennen.