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Foxtrot

| Oliver Stangl |

Totgeglaubte leben nicht länger.

Als zwei Militärangehörige an der Tür der Feldmanns klopfen, ist sofort klar, dass sie keine guten Nachrichten überbringen. Sohn Jonathan, so heißt es, sei im Einsatz für Israel gefallen. Mutter Daphna (Sarah Adler) bricht zusammen, Vater Michael (Lior Ashkenazi) reagiert mit einer Mischung aus Unterdrückung und Wut. Michaels demenzkranke Mutter scheint die Nachricht nicht zu verstehen, sein Bruder stürzt sich in Begräbnisarrangements. Stunden später eine weitere Nachricht: Jonathan sei nicht tot, es habe sich um eine Namensverwechslung gehandelt. Kann dies stimmen? Eine Rückblende erzählt die Geschichte Jonathans, der mit einigen Kameraden in einem langsam im Schlamm versinkenden Container Grenzdienst versieht. Routine und Langeweile regieren, meist nur surreal unterbrochen von Kamelen, die einsam den Posten passieren. Doch die gelegentlichen Autos, die sich dem Grenzpunkt nähern, lassen den Adrenalinspiegel der jungen Männer merkbar ansteigen – tragische Irrtümer scheinen eine Frage der Zeit.

Nach Lebanon (2009, mit dem Goldenen Löwen prämiert) widmet sich Auteur Samuel Maoz mit Foxtrot abermals der Geschichte israelischer Soldaten. Erneut liegt der Fokus auf gesellschaftlichen Auswirkungen politisch-militärischer Konflikte, und erneut wurde Maoz in Venedig ausgezeichnet, diesmal mit dem Großen Preis der Jury. Doch die Rezeption war nicht einhellig positiv: Besonders in Israel stieß der Film auf Kritik seitens der Politik. Kulturministerin Regev forderte gar den Stopp von Förderungen für Filme, die Israels Armee ihrer Meinung nach falsch darstellen würden.

Maoz, der selbst Soldat war, bedient sich einer extrem artifiziellen Filmsprache; tragische Momente werden mit schwarzem Humor und Satire aufgeladen. Die beiden ersten, tonal unterschiedlichen Akte zusammenzuführen, ist dem dritten Akt überlassen. Struktur und Bildsprache haben Vor- und Nachteile: Positiv ist, dass der Film sich gegen konventionelle Muster sperrt und sich nicht vor Abgründen scheut. Wo Animationsszenen – Jonathan ist ein talentierter Zeichner – pointierten Background liefern und die Geschichte Israels mit Bildern von Männlichkeit kurzschließen, überlagern zu gewollte Bilder manchmal die Figuren. Ashkenazi etwa spielt die Trauer eines überforderten Mannes hervorragend, allerdings wirkt seine Figur stellenweise, etwa durch zu wenig soziale Interaktion, ein wenig papieren. Doch auch wenn Maoz mit Foxtrot (der Tanz steht für einen Kreislauf ohne Entrinnen) ein wenig zu sehr auf prototypische Figuren bzw. Symbolik abzielt und das Ende zu gefällig wirkt, bleibt so manche Einzelszene im Gedächtnis.

 

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