Mit Filmen wie „The Seventh Cross, From Here to Eternity“ oder „High Noon“erlangte er Weltruhm: Eine kleine Hommage in Wort und Bild zum 100. Geburtstag des gebürtigen Wieners Fred Zinnemann.
Er liebte das Unvorhergesehene so sehr, dass er die Proben häufig mit aufnahm. Dadurch mussten alle Beteiligten von Anfang an perfekt vorbereitet sein. Man hatte das Gefühl, Zinnemann setze so unbedingt voraus, die Leute seien vorbereitet, dass er willens war, eine fehlerhafte Einstellung im Film zu dulden.“
Was der Cutter Walter Murch anlässlich seiner Zusammenarbeit mit Fred Zinnemann bei Julia, einem Frauendrama rund um eine amerikanische Schriftstellerin, die sich ihrer von den Nationalsozialisten ermordeten Freundin erinnert, hier über seinen Regisseur erzählt, lässt in wenigen Zeilen erkennen, worauf Zinnemann in seinen Arbeiten stets großen Wert legte: auf die Wahrheit hinter der Fiktion. Zinnemann, der angeblich die kleinen Irritationen liebte, etwa wenn sich Schauspieler an Gegenständen stießen, suchte in seinen Spielfilmen immer den Einbruch der Wirklichkeit.
Am Beginn der Karriere des am 29. April 1907 in Wien geborenen Regisseurs stand die Begeisterung für die Filmarbeiten von Eisenstein oder Dreyer, doch noch mehr interessierte ihn zunächst die Apparatur, die ihm als Mittel bei seiner Suche unerlässlich schien: Im Alter von 20 Jahren ging er nach Paris, um Kameramann zu werden; in Berlin unterstützte er in der Folge Billy Wilder, Robert Siodmak und Edgar G. Ulmer bei Menschen am Sonntag (1930). Nach seiner Emigration in die USA dann die vielleicht wichtigste Begegnung („the most important event of my professional life“) für sein zukünftiges Schaffen als Regisseur: die Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmer Robert Flaherty.
So kann man das Werk Fred Zinnemanns einerseits in all seiner Uneinheitlichkeit und Ambivalenz mit dieser Suche nach Authentizität „lesen“, von den frühen Kurzfilmen für MGM bis hin zu semidokumentarischen Arbeiten wie The Men (1950), in dem Marlon Brando sein Debüt als gelähmter Kriegsveteran gibt. Andererseits gilt Zinnemann, der im Alter von 90 Jahren im März 1997 starb, als so genannter Schauspieler-Regisseur: Burt Lancaster und Frank Sinatra (From Here to Eternity), Spencer Tracy (The Seventh Cross), Gary Cooper (High Noon) und Marlon Brando (The Men) trugen wesentlich zur Profilierung ihres Regisseurs bei. In politischer Hinsicht erscheinen seine Arbeiten heute mitunter thesenhaft, ähnlich konventionell wie die Arbeiten Stanley Kramers, andererseits aber mit klaren Botschaften ausgestattet. Fred Zinnemann war jemand, der nicht unbedingt den Weg nach oben, aber jenen nach vorne suchte; dorthin, wo er vermeinte, den Dingen auf den Grund zu gehen.
Was jedoch stets blieb, war seine zwiespältige Erinnerung an seine Heimatstadt Wien: In einem Brief an seinen Freund Billy Wilder schwärmte er noch von den Wiener Kinos und dem Fußball, vom „Kraxeln auf der Rax“ und den „Mädchen vom Eislaufverein“. Doch die Rückkehr nach Österreich schloss er – seine Eltern wurden von den Nationalsozialisten ermordet – kategorisch aus: „The shadows of the past are still too strong. I therefore do not wish to go to Austria to be toasted as one of its favorite sons.“
Fred Zinnemann war jemand, der wusste, was und wohin er wollte. Von Walter Murch haben wir erfahren, dass sein Spitzname am Set von Julia „der eiserne Schmetterling“ lautete. „Mein Problem ist, dass ich als Regieassistent angefangen habe“, sagte Zinnemann einmal, „und ich bin wie ein Feuerwehrgaul. Wenn er die Glocke hört, schnaubt er.“